Öffentliches Baurecht – Wann sind nachträgliche Brandschutzauflagen zulässig?
21 Juni

Öffentliches Baurecht – Wann sind nachträgliche Brandschutzauflagen zulässig?

OVG Sachsen, Beschluss vom 18.04.2018 – 1 B 141/16

Das Praxisproblem

Nachträgliche Brandschutzauflagen durch die Bauaufsichtsbehörde können bei Bestandsimmobilien einen erheblichen Kostenfaktor darstellen.

Daher stellt sich die Frage, ob jeder Anordnung der Bauaufsichtsbehörde Folge zu leisten ist und inwieweit ein Bestandschutz greift. Dies unabhängig von der Tatsache, dass in einer Immobilie stets ein ausreichender Brandschutz vorhanden sein sollte.

 

Die Entscheidung

Im vorliegenden Fall hatte sich der Eigentümer eines Ärztehauses gegen die Anordnung zur baulichen Herstellung eines zweiten Rettungsweges durch die Bauaufsichtsbehörde im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gewehrt. Mit Erfolg.

Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Behörde scheiterte bereits daran, dass die Behörde die Erforderlichkeit der Anordnung nicht durch ein ausreichendes Sachverständigengutachten in der Sache begründet hatte.

Die Anordnung einer nachträglichen baulichen Maßnahme zur Herstellung eines den aktuellen baurechtlichen Vorschriften genügenden Brandschutzes stellt immer eine Ermessensentscheidung der Behörde dar. Dies darf nur auf ausreichender Tatsachengrundlage erfolgen, die im Zweifel durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durch die Behörde herzustellen ist.

Unabhängig von diesem formellen Fehler der Behörde hat das Oberverwaltungsgericht jedoch deutlich gemacht, dass für die nachträgliche Anordnung einer Maßnahme des Brandschutzes lediglich eine erhebliche Gefahr vorliegen muss. Dies ist aber auch mindestens erforderlich.

Damit ist nicht das Bestehen einer konkreten Gefahr gemeint. Es genügt, dass nach fachkundiger Feststellung unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten der Eintritt eines erheblichen Schadens hinreichend wahrscheinlich ist.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Brand jederzeit ausbrechen kann (so dass OVG) und die Schutzgüter „Leben und Gesundheit“ dann in der Regel betroffen sind, ist bei Brandschutzmaßnahmen die fachkundige, nach den örtlichen Gegebenheiten getroffene Feststellung ausreichend, dass der Eintritt eines Schadens nicht ganz unwahrscheinlich ist.

Dies bedeute aber, dass die Bauaufsichtsbehörde das Gefährdungspotential im jeweiligen Einzelfall durch fachliche Begutachtung ihres Bausachverständigen, ggf. auch unter Beteiligung der Feuerwehr oder durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln habe.

 

Die Praxisempfehlung

Baulicher Brandschutz ist auch in Bestandsimmobilien immer ein Thema. Eigentümer größerer Immobilien und Wohnungseigentümergemeinschaften sollten hier nicht gegen die Behörde arbeiten. Auch ein Aussitzen kann nachteilige Folgen haben. Oftmals führt die Umsetzung erster oder geringer Auflagen dazu, dass weitere noch kostenintensivere Maßnahmen nicht erforderlich sind und auch von der Behörde nicht gefordert werden.

Im entschiedenen Fall hatte es bereits an einer ausreichenden Absicherung des bestehenden Treppenhauses als erster Rettungsweg gefehlt. So kann der Einbau von rauchdichten Brandschutztüren in den Fluren eine erste notwendige aber gegebenenfalls auch ausreichende Maßnahme sein.

 

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