Baurecht - Nachtragsangebot nur eingeschränkt angenommen: Müssen gestrichene Positionen gleichwohl vergütet werden?
21 Juni

Baurecht - Nachtragsangebot nur eingeschränkt angenommen: Müssen gestrichene Positionen gleichwohl vergütet werden?

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 17.01.2018 – 16 U 60/17

Das Praxisproblem

Es kann vorkommen, dass der Auftragnehmer ein Nachtragsangebot stellt und dies vom Auftraggeber nur unter Streichung von verschiedenen Nachtragspositionen angenommen wird.

Es stellt sich dann die Frage, ob der Auftragnehmer für die gestrichenen Einzelpositionen gleichwohl eine Vergütung verlangen kann, wenn er diese Leistung ausführt.

 

Die Entscheidung

Die Parteien schließen einen Bauwerkvertrag und vereinbaren die Geltung der VOB. Im Rahmen der Durchführung kommt es zu Mehrleistungen, woraufhin der Auftragnehmer zunächst ein Nachtragsangebot stellt, welches vom Auftraggeber auch angenommen wird. Im Rahmen der Annahme des Nachtragangebotes streicht der Auftraggeber jedoch die Position „Zulage für langsames Betonieren“.

Gleichwohl verlangt der Auftragnehmer, nachdem er diese Position ausgeführt hat, hierfür eine zusätzliche Vergütung. Zu Unrecht wie das Oberlandesgericht festgestellt hat.

Ein Anspruch aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B sowie aus § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B i.V.m den §§ 677ff. BGB scheidet jeweils aus, da die erbrachte Leistung nicht dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach. Dies hatte der Auftraggeber durch seine Streichung eindeutig erkennbar gemacht. Darauf, ob dies tatsächlich notwendig war, kommt es nicht an.

Insoweit hatte die Klägerin als Auftragnehmerin auch den unvernünftigen Willen der Beklagten zu beachten. Soweit § 679 BGB (öffentliches Interesse, z.B. Bauordnungsrecht, Gefahrenabwehr etc.) im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag einer Beachtlichkeit des Willens der Beklagten entgegenstehen kann, hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin zu dementsprechenden tatsächlichen Umständen nichts vorgetragen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lag auch die Voraussetzungen für eine Vergütung nach § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B (Anordnung einer geänderten oder zusätzlichen Leistung) dadurch gerade nicht vor.

 

Die Praxisempfehlung

Interessant ist zunächst, dass die Streichung einzelner Nachtragspositionen nicht zum Wegfall des ganzen Nachtrages führen. Insoweit hatte es der Auftraggeber in der Hand, nur Einzelpositionen zu beauftragen.

Ist der Auftragnehmer gleichwohl der Auffassung, dass die Art der Ausführung – hier: langsames Betonieren – notwendig ist, so muss er dies entweder auf sein eigenes Vergütungsrisiko hin ausführen oder mindestens schriftlich Bedenken anmelden, um nicht Gefahr zu laufen, nachträglich wegen einer mangelhaften Bauausführung in Anspruch genommen zu werden.

Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht auch die Frage zu entscheiden, wer die Darlegungs- und Beweislast für eine Überzahlung der Vergütung trägt, wenn die Überzahlung erst auf Grundlage der Schlussrechnung erfolgte.

Hier ist zu differenzieren, ob die Überzahlung bereits aus den Abschlagszahlungen oder erst aufgrund einer „zu hohen Zahlung“ auf die Schlussrechnung resultiert. Im ersten Fall muss der Auftragnehmer darlegen und beweisen, dass er die Überzahlung behalten darf, im zweiten Fall muss der Auftraggeber den Rückzahlungsanspruch nachweisen.

Ob die VOB nach der Bauvertragsreform noch wirksam als AGB vereinbart werden kann, ist noch nicht entschieden. Festzustellen ist jedoch, dass sich der Gesetzgeber insbesondere im Bereich der Nachträge für einen von der VOB abweichenden Weg entschieden hat.

In jedem Fall gilt: Prüfen Sie rechtzeitig, ob Ihnen für Ihre Leistung ein ausreichender Vergütungsanspruch gegenüber steht. Nur ein gutes Nachtragsmanagement, stellt sicher, dass Sie eine ausreichende und angemessene Vergütung für Ihre Mehrleistung erhalten.

 

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