Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife, wer muss was beweisen?
21 März

Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife, wer muss was beweisen?

BGH, Urteil vom 19.12.2017, Az. II ZR 88/16

Das Praxisproblem

Der Geschäftsführer einer GmbH hat der Gesellschaft gem. § 64 Abs. 1 GmbHG die Zahlungen zu ersetzten,

welche nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet wurden.

Ansprüche gem. § 64 Abs. 1 GmbHG werden regelmäßig im Rahmen eines Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht. Der § 64 Abs. 1 GmbHG ist dabei ein scharfes Schwert des Insolvenzverwalters, welches für den Geschäftsführer einer GmbH schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen kann.

Die Entscheidung

Dem Bundesgerichtshof lag jetzt ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, bei dem der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH deren Geschäftsführer in Anspruch genommen hat. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde auf deren eigenen Antrag vom 13.02.2009 hin am 01.05.2009 eröffnet.

Der Insolvenzverwalter machte gegen den Geschäftsführer die Zahlung von rund 4,7 Millionen € nebst Zinsen geltend. Es handelte sich hier um Zahlungen, welche in der Zeit zwischen dem 01.12.2008 und dem 08.01.2009 von dem Konto der Insolvenzschuldnerin geleistet worden sind.

Nach der Auffassung des Insolvenzverwalters war die Insolvenzschuldnerin spätestens seit dem 01.12.2008 zahlungsunfähig und der Geschäftsführer damit verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass es für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel des Schuldners, beispielsweise in der Form einer Liquiditätsbilanz bedarf.

Eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin liegt danach regelmäßig dann vor, wenn die Liquiditätslücke der Schuldnerin 10 % oder mehr beträgt sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke innerhalb von drei Wochen, also „demnächst“ vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.

Mit in die Liquiditätsbilanz aufzunehmen sind dabei auch die innerhalb der 3 Wochen nach dem Stichtag flüssig zu machenden Mittel (so genannte Aktiva II) und spiegelbildlich hierzu die innerhalb von 3 Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (so genannte Passiva II“).

Der Insolvenzverwalter kann sich dabei auf die Angaben aus der Buchhaltung der Insolvenzschuldnerin berufen. Die Forderung, welche in der Buchhaltung zu einem bestimmten Datum als fällig eingebucht sind, gelten auch als fällig. Es obliegt dem Geschäftsführer darzulegen und zu beweisen, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang die Buchhaltung unrichtig ist. Dieses folgt daraus, dass der Geschäftsführer dazu verpflichtet ist, entweder selber oder durch Angestellte die Bücher der Gesellschaft so zu führen, dass sie ein vollständiges Bild von allen Geschäftsvorfällen vermitteln, die im Betrieb angefallen sind (§ 238 Abs. 1 HGB, § 41 GmbHG).

Der BGH hat ausgeführt, dass sich der Geschäftsführer ungeachtet der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchführung unter Umständen gleichwohl darauf berufen kann, dass die Buchführung aufgrund der finanziellen Schieflage der Gesellschaft nicht mehr ordnungsgemäß war. Dieses setzt aufgrund der Beweislastverteilung allerdings voraus, dass der Geschäftsführer im substantiiert vorträgt und gegebenenfalls beweist, welche in die Buchhaltung eingestellten Verbindlichkeiten nicht bestanden oder nicht fällig waren.

Im konkreten Sachverhalt war der Sachverhalt noch nicht entscheidungsreif, der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt zurückverwiesen.

Die Praxisempfehlung

  1. Die vorliegende Entscheidung des Bundesgerichtshofes zeigt, dass Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sehr genau die Liquiditätslage der Gesellschaft im Auge haben müssen. Liegt der Insolvenzantragsgrund der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft vor, droht eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für alle Zahlungen die nachfolgend geleistet werden.
  2. Für Geschäftsführer empfiehlt es sich das Haftungsrisiko über eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, eine so genannte D&O Versicherung („Directors and Officers Versicherung“), auch „Managerversicherung“ abzusichern. Es handelt sich hier regelmäßig um eine Versicherung, welche von der Gesellschaft zu Gunsten des Geschäftsführers abgeschlossen wird und welche Fehlverhalten des Geschäftsführers absichert.
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