10 Juli

Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses im Personengesellschaftsrecht

Kann der Gesellschafter einer Personengesellschaft auch nach seinem Ausscheiden aus einer Gesellschaft oder gar nach dem Ende der Gesellschaft, gerichtlich feststellen lassen, dass ein Gesellschafterbeschluss unwirksam ist?

 Das Praxisproblem:

Bei der Auseinandersetzung oder dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft) entsteht oftmals Streit zwischen den Gesellschaftern. Regelmäßig ist die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen streitig. Hintergrund ist meist, dass ein ausgeschiedener Gesellschafter auch fünf Jahre nach seinem Ausscheiden noch für die bis zu seinem Ausscheiden von der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten haftet (§ 736 BGB, § 160 HGB).

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hatte jetzt einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) am 19.05.2010 ein Gesellschafterbeschluss gefaßt worden war, wonach ein Gesellschafter (der spätere Kläger) "aufgefordert" wird, an die Gesellschaft Rückzahlungen von insgesamt 85.000,00 € zu erbringen und weiter von ihm aus den Büroräumen entfernte Akten zurückzugeben (BGH, Urteil vom 09.04.2013, Az. II ZR 3/12).

Der betroffene Gesellschafter erhob Klage und wollte die Nichtigkeit der beiden Gesellschafterbeschlüsse festgestellt wissen. Zwischen Einreichung und Zustellung der Klage schied der Kläger zum 30.06.2010 aus der Gesellschaft aus.

Das Landgericht München I hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht München hat diese Entscheidung bestätigt. Beide begründeten dieses damit, es habe sich lediglich um eine "Aufforderung" gehandelt. Durch die Aufforderung sei keine Rechtspflicht zwischen den früheren Gesellschaftern entstanden. Es fehle dem Kläger daher an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.

Diese Argumentation hat der Bundesgerichtshof verworfen. Der Bundesgerichtshof sah die Gesellschafterbeschlüsse nicht als unverbindliche Aufforderung an, sondern als verbindliche Verpflichtung des Klägers. Hierauf käme es aber noch nicht einmal an. Ein Gesellschafter habe grundsätzlich ein rechtliches Interesse daran, die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses gerichtlich feststellen zu lassen. Dieses gelte auch über die Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu der Gesellschaft hinaus und sogar über das Bestehen der Gesellschaft hinaus.

In der Sache selber hat der Bundesgerichtshof keine Entscheidung treffen können, weil durch das Oberlandesgericht noch Tatsachenfeststellungen zu treffen waren. Das Verfahren ist daher an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden.

Die Praxisempfehlung:

  1. Prüfen Sie vor dem Hintergrund der fünf jährigen Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ob die in der Phase des Ausscheidens gefaßte Gesellschafterbeschlüsse wirksam sind.
     
  2. Lassen Sie Gesellschafterbeschlüsse mit einem hohen Haftungsrisiko, etwa den Abschluss langlaufender Verträge, gegebenenfalls gerichtlich überprüfen. Verlassen Sie sich nicht auf Freistellungsklauseln der übrigen Gesellschafter. Diese wirken nicht gegenüber Dritten, sondern immer nur im Verhältnis zu den ehemaligen Mitgesellschaftern.

 

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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