Öffentliches Recht – Kann eine Gemeinde Bereitstellungsgebühren für eine nicht genutzte Wasserversorgung verlangen?
21 Februar

Öffentliches Recht – Kann eine Gemeinde Bereitstellungsgebühren für eine nicht genutzte Wasserversorgung verlangen?

VG Stuttgart, Urteil vom 11.01.2018 – 1 K 8893/17

Das Praxisproblem

Eine ordnungsgemäße Wasserversorgung ist wesentlicher Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Hierfür fallen nicht unerhebliche Kosten an, so dass die Gemeinden bestrebt sind, eine möglichst hohe Anzahl von abgabenpflichtigen Personen zu begründen. Dabei werden gemeindliche Satzungen oftmals so gestaltet, dass mindestens Bereitstellungsgebühren zu entrichten sind, auch wenn ein Grundstückseigentümer eine eigene Wasserversorgung hat.

 

Die Entscheidung

Der Kläger ist Eigentümer des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks. Das auf dem Grundstück gelegene Wohnhaus des Klägers ist seit 1998 an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Für die Landwirtschaft, insbesondere die Versorgung der gehaltenen Tiere, und die Gartenbewässerung wird eine private Wasserversorgungsanlage (Brunnen) genutzt, die erst 2013 komplett erneuert wurde. Die Wasserversorgungssysteme auf dem Grundstück sind räumlich getrennt. Ein technischer Anschluss, um den landwirtschaftlichen Betrieb einschließlich des Gartens mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung zu versorgen, ist nicht vorhanden.

Die Beklagte erhebt nach § 40 ihrer Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS) für die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen Grund- und Verbrauchsgebühren. Darüber hinaus erhebt sie für die Bereithaltung von Wasser Bereitstellungsgebühren.

Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid der Beklagten, mit welchem er zur Zahlung einer Bereitstellungsgebühr verpflichtet wird.

Zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht Stuttgart meint. Es ist der Auffassung, dass für die Vorhaltung von Wasser durch die Gemeinde Gebühren erhoben werden können. Dies verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Insbesondere aus Gründen des Naturschutzes hat das Verwaltungsgericht das individuelle Interesse an dem Betrieb einer eigenen Wasserversorgung in erheblichem Umfang als gering bewertet. Dies auch in Abgrenzung zu Grundstückseigentümern, die einen eigenen Brunnen lediglich zur Bewässerung des Gartens vorhalten.

 

Die Praxisempfehlung

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung ausdrücklich zugelassen. Die entscheidungserhebliche Frage, ob der Erhebung von Bereitstellungsgebühren entgegengehalten werden kann, es gehe mangels Wasserbezug aus der öffentlichen Wasserversorgung für die Landwirtschaft in der Vergangenheit lediglich um die Möglichkeit der Inanspruchnahme, ist obergerichtlich noch nicht geklärt und bedarf im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung.

Eine abschließende Entscheidung besteht bisher nicht. Derzeit kann daher mit guten Argumenten gegebenenfalls die Aussetzung der Vollziehung einer Kostenfestsetzung beantragt werden.

Im Übrigen dürfte ein Berufungsverfahren auch für andere Fälle, bei welchen es um den sogenannten Anschluss- und Benutzungszwang geht, Konsequenzen haben.

 

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