Ersatz in Geld wegen nicht gewährten Urlaubs im bestehenden Arbeitsverhältnis?
17 Januar

Ersatz in Geld wegen nicht gewährten Urlaubs im bestehenden Arbeitsverhältnis?

BAG, Urteil vom 16.05.2017, 9 AZR 572/16

Das Praxisproblem

Der Arbeitgeber gewährt den vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht und gerät mit der Urlaubsgewährung in Verzug.

Der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch wandelt sich in einen Schadensersatzanspruch um. Inhaltlich besteht der Schadensersatzanspruch nach dem im Schadensrecht geltenden allgemeinen Grundsatz der Naturalrestitution in der Gewährung von sogenanntem Ersatzurlaub. Hierunter versteht man die ersatzweise Freistellung von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung der Vergütung.

Ist das Arbeitsverhältnis jedoch bereits beendet und deshalb die Realisierung von Ersatzurlaub nicht mehr möglich, so schuldete der Arbeitgeber bislang anstelle der Gewährung von Ersatzurlaub gemäß § 251 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Geld.

 

Die Entscheidung

Das BAG hat seine Rechtsprechung nunmehr geändert. Der Anspruch auf Abgeltung von Ersatzurlaub richtet sich nach den Vorgaben des § 7 Abs. 4 BUrlG. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der (Ersatz-) Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Ein Schadensersatz in Geld wegen des verfallenen Urlaubs vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wäre faktisch eine nicht zulässige Abgeltung von Urlaub während des bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Das BAG bestätigte zunächst grundsätzlich seine Rechtsprechung zum Ersatzurlaub bei rechtzeitig verlangtem, aber nicht gewährtem und dann verfallenem Urlaub. Der Arbeitnehmer habe einen Schadensersatzanspruch, inhaltlich gerichtet auf bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht. Der Ersatzurlaubsanspruch diene der Sicherstellung des auf bezahlte Freistellung gerichteten Urlaubsanspruches nach den Vorschriften des BUrlG.

Neu ist der Schluss des BAG, dass auch für den Verfall des Ersatzurlaubsanspruches nur noch die Regeln des BUrlG gelten, nämlich § 7 Abs. 4 BUrlG. Für eine Anwendung des § 251 Abs. 1 BGB sei insoweit kein Raum mehr gegeben.

Bei einer Altersteilzeit im Blockmodell sei rechtliche Beendigung im Sinne des § 7 Abs. 4 BUrlG der vereinbarte Endtermin. Das Altersteilzeitverhältnis war im vorliegenden Fall aber gerade noch nicht beendet, sodass die Voraussetzungen von § 7 Abs. 4 BUrlG nicht erfüllt waren und das BAG somit die Klage abgewiesen hat.

 

Praxisempfehlung

Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung. Insbesondere Arbeitnehmer in Altersteilzeit müssen vor Beginn ihrer Passivphase darauf achten, dass die ihnen zustehende Urlaubs- und etwaige auf Ersatzurlaub gerichtete Schadensersatzansprüche tatsächlich nehmen bzw. geltend machen, da diese ansonsten ersatzlos untergehen.

Entsprechendes wird, von besonders zu beurteilenden Krankheitsfällen abgesehen, in allen Fällen gelten müssen, in denen ein Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht mehr vollzogen wird, jedoch rechtlich noch besteht und ohne Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit endet.

 

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Beate Puplick Fachanwältin für Arbeitsrecht,

Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin

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