Architektenvertrag: Hat der private Bauherr ein Widerrufsrecht? Was muss der Architekt beachten?
23 August

Architektenvertrag: Hat der private Bauherr ein Widerrufsrecht? Was muss der Architekt beachten?

OLG Köln, Urt. v. 23.03.2017 - 16 U 153/16

Das Praxisproblem

Es ist gar nicht so selten, dass ein Architektenvertrag zwischen privatem Bauherrn und Architekten nicht im Büro des Architekten, sondern beim Bauherrn zu Hause geschlossen wird.

Auf einen solchen Vertrag sind dann besondere Verbraucherschutzvorschriften anzuwenden. Kann der Bauherr wirksam einen Widerruf des Vertrages erklären?

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Köln hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem der Architekt einen Architektenvertrag über die Planung und Errichtung eines Wohnhauses zunächst an den Bauherrn übersandt hatte. Vor einer weiteren Besprechung in der Wohnung des Bauherrn hatte dieser den Vertrag bereits unterzeichnet. In der Besprechung teilte der Bauherr dem Architekten die Beauftragung mit. Der Architekt nahm den Vertrag an sich, zeichnete ihn erst später im Büro gegen und sandte dem Bauherrn ein Exemplar zurück.

Nachdem der Architekt umfassende Vorplanungsleistungen erbracht hatte, widerrief der Bauherr den Vertrag. Der Architekt machte daraufhin sein Honorar für die bereits erbrachten Leistungen und entgangenen Gewinn geltend.

Ohne Erfolg, wie das Oberlandesgericht Köln aktuell entschieden hat. Der Bauherr habe den Architektenvertrag wirksam gemäß der §§ 355, 312g Abs. 1 BGB widerrufen.

Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Architektenvertrag handele es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbrauchervertrag im Sinne des § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift liege einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag auch dann vor, wenn bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit der Vertragsparteien nur der Verbraucher seine Vertragserklärung abgegeben habe, während der Unternehmer seine eigene Vertragserklärung entweder in seinen Geschäftsräumen oder ohne das Beisein des Verbrauchers abgebe.

Unerheblich sei es auch, dass der Bauherr das Formular bereits zuvor in Abwesenheit des Architekten unterzeichnet hatte. Anders als früher bedürfe es keiner den Verbraucher bei Vertragsschluss bestimmenden Überrumpelungssituation mehr. Es reiche aus, dass psychischer Druck oder eine Überraschung des Verbrauchers prinzipiell möglich sei.

Die Praxisempfehlung

  1. Auch im Rahmen des Abschlusses eines Architektenvertrages sind die Bestimmungen über den Verbrauchervertrag zu beachten. Jeder Architektenvertrag, der zum Abschluss mit einem Verbraucher verwendet wird, sollte eine ausreichende Widerrufsbelehrung beinhalten. Andernfalls besteht ein erhebliches Risiko des Architekten, bereits erbrachte Leistungen nicht vergütet zu bekommen.
  2. Das neue, ab dem 01.01.2018 geltende Bauvertragsrecht wird eine ergänzende Regelung enthalten. Dieses sieht ein Sonderkündigungsrecht zugunsten des Bauherrn nach dem Erhalt erster Planungsunterlagen vor, die der Entscheidungsfindung über den genauen Umfang des Bauvorhabens dienen sollen.
    Davon bleiben aber die Regelungen zum Verbrauchervertrag unberührt und sind weiter zu beachten.

 

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