Wettbewerbsrecht: Wann kann ein wissenschaftlicher Fachbeitrag gegen das Verbot des unlauteren Wettbewerbs verstoßen?
26 Juli

Wettbewerbsrecht: Wann kann ein wissenschaftlicher Fachbeitrag gegen das Verbot des unlauteren Wettbewerbs verstoßen?

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 11.05.2017 – 6 U 76/16

Das Praxisproblem

Wissenschaftliche Fachbeiträge können auch über den wirtschaftlichen Erfolg eines Produktes entscheiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn Inhalt eines Fachbeitrages eine vergleichende Studie ist und die Produkte wertend gegenübergestellt werden.

Wie ist es zu beurteilen, wenn eine wissenschaftliche Studie von einem Wirtschaftsunternehmen finanziell unterstützt oder in sonstiger Weise gefördert wird?

Kann sich der Unternehmer gegen einen solchen Aufsatz auf Grundlage des Wettbewerbsrechts wehren, wenn dieser zu Lasten seines Erzeugnisses geht?

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem ein auf Schlafmedizin spezialisierter Arzt, Assistenzprofessor und Lehrbeauftragter in einer führenden Fachzeitschrift einen Artikel über sogenannte „Unterkieferprotusionsschienen“ zur Verhinderung von Atemnot im Schlaf beim „Schnarchen“ veröffentlichte.

Der Kläger stellt thermoplastische Unterkieferprotusionsschienen her, die vom Patienten selbst angepasst werden können. Diese stehen im direkten Wettbewerb, mit solchen Schienen, die vom Zahnarzt angepasst werden müssen. Der Fachartikel bescheinigte der Schiene des klagenden Unternehmens eine wesentlich geringere Wirksamkeit gegenüber der von einem Zahnarzt anzupassenden Schiene. Dabei bezog sich der veröffentlichende Arzt auf eine Studie, die von verschiedenen Herstellern solcher Schienen finanziell unterstützt wurde.

Gegen die Veröffentlichung dieses Artikels wehrt sich der Unternehmer mit einer Unterlassungsverfügung und dem Argument, dass es sich bei dem Fachartikel um die unzulässige Förderung „fremden Wettbewerbs“ handeln würde.

Nachdem das Landgericht dem Antrag des Klägers noch stattgegeben hatte, wies das Oberlandesgericht diesen zurück.

Es fehle bereits an einer sogenannten geschäftlichen Handlung im Sinne des § 2 Nr. 1 UWG, so dass der Anwendungsbereich des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bereits nicht eröffnet sei. Von einer geschäftlichen Handlung kann nur ausgegangen werden, wenn das beanstandete Verhalten bei der gebotenen objektiven Betrachtung dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient. Dient die Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Produkte und wirkt sie sich lediglich reflexartig auf die Absatz- und Bezugsförderung aus, so stellt sie keine geschäftliche Handlung dar.

Weltanschauliche, wissenschaftliche und redaktionelle oder verbraucherpolitische Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen, die nicht in funktionalem Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung stehen, unterfallen damit nicht dem UWG.

Dem stand nach Auffassung des Oberlandesgerichts auch nicht entgegen, dass die Studie von einem Unternehmen finanziell unterstützt wurde, welches die vom Zahnarzt anzupassenden Schienen herstellte und vertrieb. Die Verwendung von Drittmitteln sei bei wissenschaftlichen Studien an Universitäten üblich. Eine Einflussnahme des Unternehmens auf die Studie war nicht ersichtlich, zudem wurde die Studie auch von dem klagenden Unternehmen unterstützt und die Verwendung von Drittmitteln in der Studie offen gelegt.

Letztendlich könne eine Anwendbarkeit des UWG nur dann gegeben sein, wenn das Ergebnis der Studie und die Aussage des Fachartikels objektiv falsch oder unvertretbar ist, so dass dem Beklagten das Anliegen, seine wissenschaftliche Meinung darzustellen, nicht mehr abgenommen werden könne.

Die Praxisempfehlung

Die Entscheidung zeigt, dass der Schutz gegen wirtschaftlich nachteilige wissenschaftliche Fachbeiträge zwar schwierig aber nicht unmöglich ist. Entscheidend ist, ob der wissenschaftliche Fachbeitrag zu objektiv falschen oder unvertretbaren Aussagen gelangt. Dieses kann nur im Einzelfall geprüft werden.

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