KG-Recht: Unter welchen Voraussetzungen kann der Gesellschafter einer KG Einsicht in Geschäftsunterlagen verlangen?
26 Juli

KG-Recht: Unter welchen Voraussetzungen kann der Gesellschafter einer KG Einsicht in Geschäftsunterlagen verlangen?

OLG München, Urteil vom 22.03.2017, Az. 7 U 3356/16

Das Praxisproblem

Für die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft stellt sich oftmals das Problem, dass sie darauf angewiesen sind, von dem Mehrheitsgesellschafter oder von der Komplementärin Informationen zur wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zu erhalten.

Dieses gilt insbesondere in sogenannten Publikums-Kommanditgesellschaften, wie sie typischerweise bei geschlossenen Kapitalanlegefonds zu finden sind.

Unter welchen Voraussetzungen kann der Kommanditist einer Kommanditgesellschaft Einblick in Geschäftsunterlagen der Gesellschaft nehmen?

Die Entscheidung

Dem Oberlandesgericht München hat jetzt ein Sachverhalt zur Entscheidung vorgelegen, bei dem ein Kapitalanleger eines Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG Einsicht in Geschäftsunterlagen einer Enkelgesellschaft der GmbH & Co. KG verlangt hat (OLG München, Urteil vom 22.03.2017, Az. 7 U 3356/16). Der Kapitalanleger war über eine Treuhandgesellschaft an dem Immobilienfonds beteiligt. Im Innenverhältnis war der Kapitalanleger durch den Gesellschaftsvertrag einem Kommanditisten gleichgestellt.

Wesentlicher Vermögenswert einer 99,9 prozentigen Tochtergesellschaft des Immobilienfonds ist ein Bürokomplex mit Geschäften, Büros und Tiefgaragen- und Außenstellplätzen. Dieser Bürokomplex ist von einer Enkelgesellschaft des Immobilienfonds errichtet worden und wird von dieser verwaltet.

In dem Gesellschaftsvertrag der KG heißt es auszugsweise:

Die Informations- und Kontrollrechte nach § 166 HGB stehen den Gesellschaftern auch in Bezug auf Angelegenheiten von Tochter- und Enkelgesellschaften der Gesellschaft zu. Die Gesellschaft stellt sicher, dass die Gesellschafter die Bücher und Papiere dieser Tochter- und Enkelgesellschaften einsehen können und durch einen von ihnen beauftragten Wirtschaftsprüfer prüfen lassen können.

Der § 166 HGB lautet:

(1) Der Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.

(2) (...)

(3) Auf Antrag eines Kommanditisten kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere jederzeit anordnen.

Nachdem sich herausgestellt hat, dass der überwiegende Teil der Parkplätze des Bürokomplexes weder genehmigt, noch überhaupt genehmigungsfähig ist, verlangt der Kläger, dass sein Rechtsanwalt für ihn Einblick in bestimmte Geschäftsunterlagen der Enkelgesellschaft nehmen darf.

In dem Prospekt, mit dem die Beteiligung an dem Immobilienfonds beworben worden ist, ist nicht darauf hingewiesen worden, dass die Parkplätze für den Bürokomplex ganz überwiegend nicht genehmigt sind und noch nicht einmal genehmigungsfähig sind.

Das Oberlandesgericht München hat ausgeführt, dass die begehrten Einsichtsrechte sich nach Maßgabe des § 166 Abs. 3 HGB beurteilen, da nicht die Prüfung der Richtigkeit des Jahresabschlusses im Streit steht, sondern Einblick in Geschäftsunterlagen begehrt wird, um die Geschäftsführung der Enkelgesellschaft kontrollieren zu können.

Der Einblick in die Geschäftsunterlagen kann damit nur verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt. Diesen wichtigen Grund sah das Oberlandesgericht München in der fehlerhaften Darstellung des Prospekts. Hier hätte zwingend darauf hingewiesen werden müssen, dass der Bürokomplex aufgrund fehlender Genehmigung über keine ausreichenden Parkplätze verfügt.

Das Oberlandesgericht hat herausgestellt, dass es sich bei dem Einsichtnahmerecht nach § 166 Abs. 3 HGB um ein außerordentliches Einsichtsrecht handelt und mithin nicht allgemein Einsicht in alle Geschäftsunterlagen verlangt werden kann, sondern nur in solche Unterlagen, deren Kenntnis notwendig ist, um die Geschäftsführung der Gesellschaft zu kontrollieren.

Obwohl der Gesellschaftsvertrag des Immobilienfonds nur die Einsicht und Prüfung der Unterlagen durch einen Wirtschaftsprüfer vorsieht, stellt das Oberlandesgericht fest, dass das Einsichtsrecht auch durch einen Rechtsanwalt ausgeübt werden kann. Ein entgegenstehender Grund sei nicht ersichtlich.

Exkurs: Die Gesellschafter einer GmbH haben deutlich weitergehende Rechte als Kommanditisten einer KG. Einem GmbH-Gesellschafter ist gemäß § 51a GmbHG auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten.

Die Praxisempfehlung

Wird Ihnen als Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder als Anleger eines Kapitalanlagefonds die Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen verweigert, sollten Sie dieses nicht widerspruchslos hinnehmen. Oftmals stehen Ihnen auch als Kommanditist weitgehende Einsichtnahmerechte zu. Dieses muss sorgfältig geprüft werden.

Wir beraten Sie, bitte sprechen Sie uns an!

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