01 April

Werkvertragsrecht: Fallstricke der "geprüften Schlussrechnung"

Das Praxisproblem:

Die Prüfung der Schlussrechnung durch den Auftraggeber hat weitreichende Folgen. Die Prüfbarkeit der Rechnung ist Fälligkeitsvoraussetzung nach der VOB/B. Der Auftraggeber ist mit dem Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Schlussrechnung ausgeschlossen, wenn er diese tatsächlich geprüft hat.

Führt die Prüfung der Schlussrechnung aber auch dazu, dass der Auftraggeber mit jeglichen Einwendungen zu Grund und Höhe der Werklohnforderung ausgeschlossen ist?

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 23.08.2012 eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München bestätigt, nach welcher die Prüfung der Schlussrechnung durch den Auftraggeber kein Anerkenntnis der Werklohnforderung darstellt und die Vorlegung einer geprüften Schlussrechnung im Prozess nicht die schlüssige Darlegung der Werklohnforderung ersetzt (BGH, Beschluss vom 23.08.2012, VII ZR 207/10, vorgehend OLG München, Urteil vom 09.11.2010, 28 U 4905/08).

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Auftragnehmer neben drei anderen Unternehmen für den Auftraggeber Abdichtungsarbeiten an einem Hotelkomplex erbracht. Nach Abschluss der Arbeiten und deren Abnahme erteilte der Auftragnehmer seine Schlussrechnung. Der Bauleiter des Auftraggebers teilte dem Auftragnehmer nach Erhalt der Schlussrechnung mit, dass er diese geprüft habe. Eine Zahlung erfolgte aber nicht. Daraufhin erhob der Auftragnehmer Zahlungsklage. Er vertrat die Auffassung, dass es aufgrund der Prüfung der Schlussrechnung keiner weiteren Darlegung der Restwerklohnforderung bedarf. Der Zahlungsanspruch ergäbe sich bereits aus der geprüften Schlussrechnung. Dagegen wandte sich der Auftraggeber. Seiner Ansicht nach war die Rechnung nicht prüfbar. Ferner könne er die vom Auftragnehmer geleisteten Arbeiten auch nicht zuordnen, da neben dem Auftragnehmer noch zwei weitere Unternehmen mit Abdichtungsarbeiten befasst gewesen seien.

Das OLG München hat die Klage wegen fehlender Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit abgewiesen. Zwar sei der Auftraggeber mit dem Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Schlussrechnung ausgeschlossen, da er diese nachweislich geprüft habe. Die Mitteilung des Auftraggebers, die Schlussrechnung geprüft zu haben, stellt aber nach ständiger Rechtsprechung des BGH kein Anerkenntnis dar. Der Auftraggeber könne seine Einwendungen gegen die Forderung erst dann vorbringen, wenn der Auftraggeber seine Forderung schlüssig und nachvollziehbar dargestellt hat.

Praxisempfehlung:

  1. Der Auftragnehmer sollte immer das Ergebnis der Rechnungsprüfung durch den Auftraggeber abwarten, bevor er Zahlungsklage erhebt. Allein die Vornahme der Rechnungsprüfung durch den Auftraggeber stellt keine Willenserklärung des Bauherrn im Hinblick auf den Grund oder die Höhe der Werklohnforderung dar. 

     

  2. Bei Einheitspreisverträgen sollte von Auftraggeber und Auftragnehmer vor Erteilung der Schlussrechnung ein gemeinsames Aufmaß genommen werden. Andernfalls ist der Auftraggeber nach der Rechtsprechung selbst dann noch berechtigt, die Massen zu bestreiten, wenn er die Rechnung geprüft und dem Auftragnehmer dies durch Übersendung einer geprüften Rechnung mitgeteilt hatte.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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