01 März

Welchen Schutz hat ein Lizenznehmer in der Insolvenz des Lizenzgebers?

Das Praxisproblem:

Ein Softwarehersteller vergibt Lizenzen an seiner Software an seinen Lizenznehmer, der seinerseits als (Haupt-)Lizenznehmer verschiedene Unterlizenzen an Unterlizenznehmer vergibt. Diese wiederum überlassen die Nutzungsrechte an den Endkunden.

Was gilt zu den Nutzungsrechten an den Softwareprodukten (Lizenzrechte), zu den Lizenzgebühren, wenn der Hauptlizenznehmer, der berechtigterweise die Unterlizenzen ausgestellt hat, in die Insolvenz fällt?

Erlischt dann die Unterlizenz? Kann dann der Unterlizenznehmer von dem Softwarehersteller oder von dem Hauptlizenznehmer auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden? Darf der Endkunde die von ihm erworbene (Unter-)Lizenz weiter nutzen oder erlischt auch diese?

Wie gravierend dieses Problem sein kann, verdeutlicht folgendes Beispiel:

Ein Softwarehersteller vergibt für ein Softwaremodul eine Lizenz an einen Hauptlizenznehmer, der dieses Modul in seiner eigenen Software verwendet, welche an eine Vielzahl von Dritten unterlizensiert wird. Dann fällt der Hauptlizenznehmer in Insolvenz. Der Lizenzvertrag mit dem Hauptlizenznehmer wird von dem Softwarehersteller (Hauptlizenzgeber) gekündigt. Wenn der Hauptlizenznehmer oder Unterlizenznehmer die Software nicht mehr nutzen dürfte, müsste er auch seinen Endkunden die weitere Nutzung der Software untersagen.

Im Ergebnis würde sich (auch) der Unterlizenznehmer den Schadensersatzansprüchen seiner Endkunden ausgesetzt sehen. Dies kann existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

Die Entscheidung:

Seit Inkrafttreten des neuen Insolvenzrechtes im Jahre 1999 war umstritten, ob Lizenzen „insolvenzfest“ sind, also bei einer Insolvenz des Lizenzgebers fortbestehen.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt in der Entscheidung „M2Trade“ (BGH, Urteil vom 19.07.2012, Az. I ZR 70/10) bejaht, dass auch bei einer Insolvenz des Hauptlizenznehmers und des Unterlizenznehmers die gewährten Lizenzen auch für die Endkunden fortbestehen, also „insolvenzfest“ sind.

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass der Hauptlizenzgeber berechtigt ist, den Hauptlizenzvertrag mit dem Hauptlizenznehmer aufgrund ausbleibender Lizenzzahlungen und der Insolvenz zu kündigen. Dieses führt dazu, dass der Hauptlizenznehmer nicht mehr dazu berechtigt ist, neue Unterlizenzen auszugeben.

Gleichwohl haben die ausgegebenen Unterlizenzen weiter Bestand. Der Hauptlizenzgeber kann deren Weiternutzung nicht unterbinden. Dafür hat er im Gegenzug einen unmittelbaren Anspruch auf Zahlung der Lizenzgebühren gegen den Unterlizenznehmer.

Die von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze dürften auch im Falle der doppelten Insolvenz sowohl des Hauptlizenznehmers, als auch des Unterlizenznehmers gelten – zu dieser Konstellation liegt aber bisher noch keine Entscheidung vor. In dem Eingangsbeispiel würde dieses dann dazu führen, dass sich der Softwarehersteller als Hauptlizenzgeber ungewollt einer Vielzahl von Unter-Unterlizenznehmern gegenübersieht. Gegen diese hat er zwar Ansprüche auf Zahlung von Lizenzgebühren, steht aber dem praktischen Problem gegenüber, dass er die Anschriften der Unter-Unterlizenznehmer nicht kennt, geschweige denn, dass er den Inhalt der – ihm gegenüber gültigen – Lizenzverträge kennt.

Die Praxisempfehlung:

Bei der Gestattung einer Unterlizensierung sollte ausdrücklich vereinbaren werden, unter welchen Voraussetzungen die Unterlizenzen erteilt werden dürfen. Vor allem dann, wenn dem Unterlizenznehmer seinerseits die Unterlizensierung gestattet wird, sollte auch vereinbart werden, dass die Lizenznehmer dem Hauptlizenzgeber namentlich benannt werden müssen. Nur so ist sichergestellt, dass die Interessen des Hauptlizenzgebers bei einer Insolvenz eines Unterlizenznehmers gewahrt und vor allem auch durchsetzbar sind.

Ihre Ansprechpartner in allen Fragen des Lizenz- und Franchiserechtes:

Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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