01 März

Welche Hinweis- und Prüfungspflichten hat der Vorunternehmer?

Das Praxisproblem:

§ 4 Nr. 3 VOB/B sieht u. a. eine Hinweispflicht des Nachunternehmers für den Fall vor, dass die Arbeiten des Vorunternehmers mangelhaft sind und daher auch bei seinem Gewerk zu Mängeln führen können.

Gilt dies auch umgekehrt für den Vorunternehmer? Ist der Vorunternehmer etwa verpflichtet, von sich aus zu prüfen, ob seine Arbeiten für die nachfolgenden Gewerke geeignet sind?

Die Entscheidung:

Das OLG München hat in seinem Urteil vom 17.07.2012 (Az. 3 U 658/11) entschieden, dass der Vorunternehmer nur in Ausnahmefällen verpflichtet ist, auf Probleme bei der Eignung seiner Leistungen für die nachfolgenden Gewerke hinzuweisen.

Der Vorunternehmer hatte in dem Fall, welcher der Entscheidung zu Grunde lag, ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) an der Fassade des Bauherrn angebracht. Das Wärmedämmverbundsystem war jedoch – entsprechend den Vorgaben des Bauherrn - in einer Weise angebracht worden, welche es für den Unternehmer des nachfolgenden Gewerkes unmöglich machte, einen regensicheren Anschluss herzustellen. Grundsätzlich trifft den Vorunternehmer - so das OLG München in der betreffenden Entscheidung - keine Verpflichtung, die Eignung seiner Gewerke für die Leistungen der nachfolgenden Handwerker zu prüfen und von sich aus auf mögliche Probleme hinzuweisen. Ist für den Vorunternehmer jedoch ohne weiteres erkennbar, dass seine Leistung für den Nachfolgeunternehmer ungeeignet ist oder aufgrund der Beschaffenheit seiner Leistungen anderweitige Probleme auftreten können, trifft den Vorunternehmer aus Treu und Glauben ebenfalls eine Hinweispflicht. Hierzu verweist das OLG München auf eine Entscheidung des BGH vom 19.05.2011 zu den Auswirkungen eines nachträglich geänderten Bauzeitenplans auf eine nicht frostsichere Bodenplatte (Az. VII ZR 24/08).

Gegen diese Pflicht hatte der Vorunternehmer hier nach Auffassung des OLG verstoßen. Die Verletzung der Hinweispflicht durch den Vorunternehmer führt nach der Entscheidung des OLG München jedoch nur zu einem Schadensersatzanspruch und nicht etwa zu Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Vorunternehmer aufgrund von Mängeln. Das OLG München hat in der zugrunde liegenden Entscheidung daher auch ein Zurückbehaltungsrecht des Bauherrn an dem Werklohn des Vorunternehmers aufgrund der Verletzung der Hinweispflicht verneint.

Der Praxishinweis:

Der Vorunternehmer ist nach der Rechtsprechung des OLG München und des BGH nur in Ausnahmefällen hinweispflichtig. Dennoch sollte der Vorunternehmer Vorsicht walten lassen. Ist für ihn erkennbar, dass seine Leistungen bei den Nachfolgegewerken oder in anderer Weise - etwa aufgrund eines geänderten Bauzeitenplans - zu Problemen führen können, sollte er darauf hinweisen. Ansonsten besteht für ihn die Gefahr, dass er sich schadensersatzpflichtig macht, obwohl seine Leistungen nicht mangelhaft sind.

In Zweifelsfällen gilt, dass sich der Vorunternehmer Rechtsrat einholen sollte, ob er im Hinblick auf seine Leistungen hinweispflichtig ist.

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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