24 April

Aus den Augen aus dem Sinn?

Darf der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den E-Mail-Account eines Mitarbeiters löschen, wenn auch eine private E-Mail-Nutzung erlaubt war?

Das Praxisproblem:

Nach dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers ist auch der Arbeitgeber zumeist froh, wenn das Arbeitsverhältnis abgewickelt ist. Der Arbeitsplatz wird neu besetzt und neu eingerichtet. Nicht mehr benötigte Daten und Dateien einschließlich des E-Mail-Accounts des ausgeschiedenen Mitarbeiters werden gelöscht.

Wenn die Erlaubnis zur privaten E-Mail-Nutzung nicht eingeschränkt ist, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber private E-Mails des ausgeschiedenen Mitarbeiters löschen darf? Muss er dem Arbeitnehmer die Gelegenheit geben, diese privaten E-Mails zu sichern?

Die Entscheidung:

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschied am 05.09.2012, Az. 4 W 961/12, dass ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers in Betracht kommt, soweit sich in dem E-Mail-Postfach private E-Mails befunden haben. Der Arbeitgeber dürfe den E-Mails-Account ohne vorherige Zustimmung des Mitarbeiters nicht löschen, da er ansonsten gegen seine vertragliche Nebenpflicht verstoße.

Das OLG wies darauf hin, dass es zu den vertraglichen Pflichten auch gehöre, Schäden von Rechtsgütern des anderen Vertragspartners fernzuhalten, die aus der eigenen Sphäre entstehen können. Es müsse klar sein, dass die andere Partei an der Nutzung des Accounts kein Interesse mehr habe. Das OLG sah sogar eine mögliche Strafbarkeit nach § 303 a StGB (Verbot der Datenveränderung).

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall begehrte der ausgeschiedene Mitarbeiter die Feststellung, dass sich Unternehmen durch den mit dem Löschen des Accounts verbundenen Verlust von persönlichen Daten schadensersatzpflichtig gemacht habe. Das Gericht sah für diesen Antrag hinreichende Erfolgsaussicht und gewährte dem Arbeitnehmer die von ihm beantragte Prozesskostenhilfe.

Die Praxisempfehlung:

Die Entscheidung des OLG Dresden zeigt erneut, wie wichtig es ist einem Betrieb ist, die E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz vertraglich zu regeln:

  1. Privater E-Mail-Verkehr sollte in Arbeitsverträgen grundsätzlich ausgeschlossen werden. Soll der private E-Mail-Verkehr grundsätzlich erlaubt sein, sollte dieser vom Umfang her eingeschränkt werden.
     
  2. Bereits im Arbeitsvertrag sollte vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer bei einem Ausscheiden mit der Löschung etwaiger persönlichen Daten auf dem dienstlichen Computer, einschließlich des E-Mail-Accounts einverstanden ist. Vorsorglich sollte sich der Arbeitgeber bei Ausscheiden des Mitarbeiters auch nochmals eine entsprechende Einverständniserklärung des Arbeitnehmers unterzeichnen lassen.

 

Unser Team Arbeit und Recht steht Ihnen jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Erbrecht, Mediatorin

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