24 April

Anfechtung eines befristeten Arbeitsvertrages (Schwangerschaftsvertretung) wegen arglistiger Täuschung aufgrund Verschweigens einer Schwangerschaft

Ist die Frage nach Bestehen einer Schwangerschaft zumindest bei Einstellung einer Arbeitnehmerin als Schwangerschaftsvertretung zulässig?

Das Praxisproblem:

Bekanntlich ist die Frage nach einer Schwangerschaft in einem Berwerbungsgespräch wegen ihrer geschlechtsdiskriminierenden Wirkung unzulässig. Es besteht grundsätzlich auch keine Offenbarungspflicht der Arbeitnehmerin. Es ergeben sich aber Folgefragen:

  1. Besteht eine Ausnahme, wenn ausdrücklich nach einer befristeten Schwangerschaftsvertretung gesucht wird?
     
  2. Ist eine Anfechtung des Arbeitsvertrages zulässig, wenn die Arbeitnehmerin einen wesentlichen Teil der befristeten Vertragszeit nicht arbeiten kann?

 

Die Entscheidung:

Mit Urteil vom 11.10.2012 Az. 6 Sa 641/12 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden, dass von dem Grundsatz der Unzulässigkeit der Frage nach der Schwangerschaft auch nicht abgewichen werden dürfe, wenn die Einstellung ausdrücklich befristet für eine Schwangerschaftsvertretung erfolgen soll.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wurde eine Arbeitnehmerin für die Zeit von Oktober 2011 bis Januar 2013 als Schwangerschaftsvertretung eingestellt. Im November 2011 teilte sie ihrem neuen Arbeitgeber mit, im vierten Monat schwanger zu sein. Der Arbeitgeber ging davon aus, dass der Arbeitnehmerin die Schwangerschaft schon im Zeitpunkt der Einstellung bekannt war und erklärte daher die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung.

Nach Ansicht des LAG war die Arbeitnehmerin nicht verpflichtet, das Bestehen der Schwangerschaft zu offenbaren. Das Verschweigen von Tatsachen stelle nur dann eine Täuschung dar und berechtige zur Anfechtung, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht bestehe. Im Falle einer Nachfrage durch den Arbeitgeber dürfe die Arbeitnehmerin mit einer Unwahrheit antworten.

Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht durch den Umstand, dass es in dem vorliegenden Fall um einen befristeten Arbeitsvertrag gehe. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht die Unzulässigkeit einer Frage nach der Schwangerschaft bislang ausdrücklich nur für den Fall einer unbefristeten Einstellung festgestellt.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte dies jedoch auch für den Fall, dass ein befristeter Arbeitsvertrag begründet werden soll und feststehe, dass die Bewerberin während eines wesentlichen Teils der Vertragszeit nicht arbeiten könne.

 

Die Praxisempfehlung:

Soweit von den Grundsätzen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht durch höchstrichterliche Rechtsprechung abgewichen und Ausnahmen zugelassen werden, sollte sich der Arbeitgeber strikt an die Vorgaben des AGG halten.

Gerne informieren wir Sie über die Entwicklung in der Rechtsprechung zu dem AGG, welche nicht nur bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, sondern ebenso während seines Bestehens und der Beendigung.

 

Unser Team Arbeit und Recht steht Ihnen jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Wirtschaftsmediatorin
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Erbrecht, Mediatorin

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