05 Februar

Schadensersatz für den Ausfall des Internets?

Das Praxisproblem:

Viele Abläufe im Büroalltag oder auch im privaten Bereich sind mittlerweile auf die ständige Verfügbarkeit einer DSL Verbindung zum Internet hin zugeschnitten.

Man denke hier nur an die schnelle Übermittlung von Daten oder die Recherche von Text-, Bild-, Video-, Audio- oder sonstigen Dateien. Es gibt Untersuchungen, die aufzeigen, dass Unternehmen innerhalb weniger Tage in ernsthafte wirtschaftliche Bedrängnis kommen können, wenn deren Zugang zum Internet unterbrochen oder nachhaltig beeinträchtigt ist. Auch im privaten Bereich nimmt die Nutzung des Internets mittlerweile eine herausragende Stellung ein.

Was passiert, wenn auf einmal der Zugang zum Internet nicht mehr möglich ist? Besteht für diesen Fall ein Schadensersatzanspruch?  

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht Montabaur, das Landgericht Koblenz und zuletzt der Bundesgerichtshof - das Landgericht hatte die Revision zum BGH zugelassen - hatten einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem einem Kunden eines Telekommunikationsanbieters nach einer Tarifumstellung für rund zwei Monate kein Zugang zum Internet mehr möglich war. Dieses beruhte auf einem Fehler des Telekommunikationsanbieters.

Der Kläger nutzte die Internetverbindung nicht nur für den reinen Zugang zum Internet, sondern auch für den Telefon- und Telefaxverkehr (Fax over IP, Voice over IP). Nachdem der Zugang zum Internet nicht möglich war, machte der Kläger folgende Schadenspositionen geltend:

  • Ersatz der Mehrkosten nach dem Wechsel zu einem anderen Anbieter
  • Ersatz der Mehrkosten für die Nutzung des Mobiltelefons
  • eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 50,00 € pro Tag für die fehlende Möglichkeit, den DSL Anschluss
    • als Zugang zum Internet,
    • für die Festnetztelefonie,
    • für den Faxverkehr, zu verwenden.

Das Amtsgericht und das Landgericht hatten dem Kläger lediglich die Mehrkosten nach dem Wechsel zu einem anderen Anbieter und die Mehrkosten für die Nutzung des Mobiltelefons zugesprochen.

Demgegenüber hat der BGH jetzt entschieden, dass grundsätzlich auch weitergehende Ansprüche bestehen können. Dabei hat der BGH zunächst an seinem Grundsatz festgehalten, dass der Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsgutes nicht allgemein, sondern nur in Ausnahmefällen greift. Dieses sei dann der Fall, wenn sich die Funktionsstörung typischerweise und signifikant als solche auf die Grundlage der Lebenshaltung auswirkt.

Ausgehend von dieser Definition hat der BGH die fehlende Nutzungsmöglichkeit der DSL Verbindung für eine Fax over IP Verbindung als entschädigungspflichtig angesehen. Die Möglichkeit, ein Dokument per Telefax zu übertragen, sei lediglich der bequemere und schnellere Weg im Vergleich zu der Versendung der Post. Dies gelte zumindest in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden privaten Bereich.

Anders sei hingegen die fehlende Nutzungsmöglichkeit für Telefoniezwecke und für den Internetzugang zu bewerten. Für Telefoniezwecke verneinte der BGH allerdings im Ergebnis dann doch eine Entschädigungspflicht. Wenn eine vergleichbare Kommunikationsmöglichkeit besteht, bestünde nur ein Ersatz auf hierfür etwaig entstehende Mehrkosten. Da der Kläger über ein Mobiltelefon verfügte, bestand mithin kein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung.

Der BGH bejahte allerdings den Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für die fehlende Möglichkeit des Zugangs zum Internet. Die Möglichkeit das Internets zu nutzen sei mittlerweile aufgrund der überragenden Bedeutung des Internets für nahezu alles Lebensbereiche als Wirtschaftsgut einzustufen. Dies gelte nicht nur im unternehmerischen Bereich, sondern auch im privaten Bereich.

Die Höhe der zu zahlenden Entschädigung soll sich nach den marktüblichen durchschnittlichen Kosten richten, die für einen vergleichbaren DSL Anschluss (ohne Telefon- und Faxnutzung) für den Ausfallzeitraum angefallen wären. Eine genaue Höhe ist von dem BGH dabei nicht festgelegt worden, diese sei durch das Landgericht, an welches der Rechtsstreit zurückverwiesen worden ist, zu ermitteln.

Die Praxisempfehlung:

  1. Sollte es einmal zu einem Ausfall der Internetverbindung kommen, müssen alle Mehrkosten dokumentiert werden. Nur dann können diese Kosten ersetzt verlangt werden.
     
  2. Die Entscheidung zeigt, dass die nach einem Ausfall einer DSL Verbindung zu erwartende Entschädigung gering ist. Diese wird gerade im unternehmerischen Bereich nicht ausreichen, mögliche Schäden - die sich in den seltensten Fällen konkret nachweisen lassen werden - abzudecken. Prüfen Sie daher, ob eine ständige Verfügbarkeit des Internets für Ihr Unternehmen eine unternehmenskritische Bedeutung besitzt. Sofern dieses bejaht wird, müssen Sie sicherstellen, dass alternative Zugangsmöglichkeiten zum Internet, etwa über GSM Verbindungen, bestehen.

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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