11 März

Eigentumswohnung und Schallschutz - Wieweit geht der Bestandschutz des Sondereigentümers in Hinblick auf den bauzeitlichen Ausbaustandard?

BGH, Urteil vom 27.02.2015, V ZR 73/14

Das Praxisproblem

In Bestandsimmobilien kommt es irgendwann zu grundlegenden Sanierungen, insbesondere zu Anpassungen an den aktuellen Geschmack.

Waren früher Teppichböden ein gern gesehenes Ausstattungsmerkmal wird heute häufig ein Parkettboden verlegt. Dies hat jedoch häufig Auswirkungen auf den Trittschall. Fraglich ist, ob die Miteigentümer einen Abwehranspruch gegen solche Umbaumaßnahmen haben und wieweit dieser gegebenenfalls reicht.

Die Entscheidung

Die Kläger sind Eigentümer einer Eigentumswohnung aus den sechziger Jahren. Diese ist entsprechend wie alle anderen Wohnungen bei der Errichtung mit einem hochflorigen Teppich ausgelegt worden. Die Beklagten haben die darüber liegende Wohnung im Jahr 2006 erworben und grundlegend saniert, insbesondere einen Parkettboden verlegt. Daher ist es unstreitig zu einem höheren Trittschall gekommen. Hiergegen wenden sich die Kläger und verlangen, den Austausch des Parketts gegen einen Teppichboden

Bereits im Jahr 2010 hatte der Bundesgerichtshof für die Wohnraummiete entschieden, dass es zunächst grundsätzlich auf das Schallschutzniveau, wie es zur Zeit der Errichtung des Gebäudes den anerkannten Regeln der Technik, insbesondere der DIN 4109 entsprach, ankommt. Haben die Parteien oder die Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft kein erhöhtes Schallschutzniveau vereinbart, gilt das durchschnittliche Schallschutzniveau.

 

Die Kläger hatten daher geltend gemacht, dass die Ausstattung mit Teppichboden Teil des besonderen Gepräges der Eigentumswohnanlage wäre und sich hieraus ein erhöhtes Schallschutzniveau ergeben würde. Dies würde sich unter anderem aus der Baubeschreibung ergeben, die den Teppichboden als Ausstattungsmerkmal vorgesehen hätte. Dem war das Amtsgericht noch in der ersten Instanz gefolgt.

Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof in seinem aktuellen Urteil vom 27.02.2015 entschieden hat.
Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist § 14 Nr. 1 WEG. Die Kläger werden durch den Wechsel des Bodenbelags nicht im Sinne dieser Norm nachteilig betroffen.

Ein höheres Schallschutzniveau kann sich aus der Gemeinschaftsordnung ergeben, nicht aber aus einem sogenannten besonderen Gepräge der Wohnanlage. Die Gemeinschaftsordnung enthält keine solchen Vorgaben. Dass die im Zuge der Errichtung des Hochhauses erstellte Baubeschreibung und der ursprüngliche Verkaufsprospekt eine Ausstattung der Appartements mit Teppichböden vorsahen, hat der Senat als unerheblich angesehen.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes kann es nicht darauf ankommen, ob alle oder nur einzelne Wohnungen mit Teppich ausgelegt waren oder ob dies die Entscheidung des Bauträgers oder Teil eines Verkaufsprospektes war. Dies auch deshalb nicht, weil die Baubeschreibung beim Folgeerwerb regelmäßig nicht Teil des Kaufvertrages ist.

Darüber hinaus betrifft die Auswahl des Bodenbelages die Gestaltung des Sondereigentums. Damit ist sie dem Zugriff der Gemeinschaft entzogen und kann sich auch von daher bereits von vornherein nicht als prägend für die Wohnanlage darstellen. Ausreichender Schallschutz sei im Übrigen durch das Gemeinschaftseigentum herzustellen.

Die Praxisempfehlung

  1. Der Bundesgerichtshof hat dem unbestimmten Begriff „besonderes Gepräge“ eine Absage erteilt. Regelmäßig kommt es daher auf die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, im Bereich des Wohnungseigentums auf die Teilungserklärung an.
     
  2. Veränderungen in der Wohnung, insbesondere im Bodenbelag können immer zu einer Veränderung des Trittschalls führen. Prüfen Sie vor Sanierung einer Wohnung, ob sich aus der Teilungserklärung besondere Auflagen für den Schallschutz ergeben. Wenn nein, achten sie auf den üblichen Schallschutz. Sicherlich ist es nicht sinnvoll, eine Sanierung des Sondereigentums mit erheblichen Kosten durchzuführen und sich im Anschluss einer Beseitigungsklage eines Miteigentümers ausgesetzt zu sehen.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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