10 Dezember

Architekt wird nur mit Teilleistungen beauftragt - Folge: Nur eingeschränkte Möglichkeit zur Honorarermittlung!

OLG Stuttgart, Urteil vom 21.10.2014 – 10 U 70/14 zur HOAI (2002)

Wie kann der Architekt sein Honorar berechnen, wenn ihm die notwendigen Grundlagen zur Honorarberechnung fehlen? Ist der Auftraggeber verpflichtet, ihm die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen?

Das Praxisproblem

Ist der Architekt nicht mit dem vollständigen Leistungsbild aus den Leistungsphasen 1 – 9 beauftragt, kann es für ihn schwierig werden, sein Honorar zu berechnen. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten ist dann unter Umständen nicht Teil der von ihm zu erbringenden Architektenleistung. Fraglich ist, ob er dann einen Auskunftsanspruch gegenüber seinem Auftraggeber hat? Dies kann insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn der Architekt überprüfen will, ob das zwischen ihm und seinem Auftraggeber vereinbarte Honorar die Mindestsätze der HOAI unterschreitet.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte über den folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Architektenhonorar geltend und verlangt dabei in der ersten Stufe Auskunft über die anrechenbaren Kosten. Grundlage seiner Honorarberechnung war die HOAI 2002.

Dass der Kläger vorliegend nicht in der Lage war, die anrechenbaren Kosten selbst zu ermitteln, folgt aus seiner eingeschränkten Beauftragung. Er wurde lediglich mit den Leistungsphasen 1 bis 5 vollständig betraut; bei der Leistungsphase 6 hatte er nur 5 von 10 % zu erbringen; die Leistungsphase 7 gehörte gar nicht zu seinen Verpflichtungen; bei den Leistungsphasen 8 und 9 waren lediglich 17 von 34 % geschuldet.

Da der Kläger jedoch bei der Leistungsphase 7 nicht mitwirkte, schuldete er die Erbringung des in die Leistungsphase 7 fallenden Kostenanschlags nicht. Aufgrund der eingeschränkten Beauftragung mit Leistungsphase 8 und 9 hatte er auch keine Kostenfeststellung zu erbringen, so dass ihm letztendlich in erheblichem Umfang die erforderlichen Grundlagen für seine Honorarberechnung fehlten.

Diese muss ihm dann, soweit zumutbar, sein Auftraggeber zur Verfügung stellen, wie das OLG Stuttgart aktuell entschieden hat.

Der Architekt kann von seinem Auftraggeber Auskunft über die Höhe der anrechenbaren Kosten verlangen, wenn er diese nicht ohne Mitwirkung des Auftraggebers ermitteln kann. Der Auftraggeber hat dem Architekten in einem solchen Fall im Rahmen des Zumutbaren sämtliche Auskünfte zu geben oder die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, die für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten erforderlich sind.

Im entschiedenen Fall stellte sich darüber hinaus die Problematik, dass die anrechenbaren Kosten nicht einfach zu ermitteln waren. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Mitwirkungspflicht des Auftraggebers daher eingeschränkt:

Sind verschiedene Gebäude betroffen und hat eine getrennte Berechnung des Architektenhonorars zu erfolgen, kann vom Auftraggeber nicht erwartet werden, dass er unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen die einzelnen Rechnungen und die darin aufgeführten Arbeiten den unterschiedlichen Auftragsteilen zuordnet. Zumutbar ist es hingegen, den Architekten in die entsprechenden Rechnungen, Angebote und Pläne Einsicht nehmen zu lassen.

Die Praxisempfehlung

Auch für den entschiedenen Fall gilt. Die Baubeteiligten sind zur Kooperation verpflichtet, auch wenn dies nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. Dies gilt insbesondere für gegenseitige Hinweispflichten bei Nachträgen und ähnlichem. Der Vertragspartner ist stets so rechtzeitig zu informieren, dass er die Möglichkeit hat, sich auf die geänderte Situation einzustellen.

Im Zusammenhang mit seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Stuttgart nochmals deutlich gemacht, dass eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI nicht zulässig und eine entsprechende Honorarvereinbarung unwirksam ist. An diese ist der Architekt dann nur unter ganz besonderen Umständen gebunden.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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