30 Oktober

Verstoß gegen Herstellerrichtlinien als Mangel

OLG Frankfurt, Urteil vom 15.06.2012, Az. 2 U  205/11

Das Praxisproblem

Häufig schreiben Hersteller von Baustoffen eine bestimmte Vorgehensweise bei der Verwendung der Baustoffe vor.

Hier stellt sich die Frage, ob bereits der Verstoß gegen diese Herstellerrichtlinien einen Mangel darstellt, welcher den Auftraggeber berechtigt, Mangelbeseitigungs- oder Gewährleistungsansprüche geltend zu machen.

Die Entscheidung

Über einen solchen Fall hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 15.06.2012 (Az. 2 U  205/11) entschieden.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt hatte der Auftraggeber die Auftragnehmerin mit der Aufbringung eines Wärmedämmverbundsystems an einer Sporthalle beauftragt. Ausgeschrieben war die Anbringung von Dämmplatten mit einer Stärke von mindestens 5 mm, einer zusätzlichen Armierung und die Aufbringung eines Filzputzes. Dies entsprach auch den Richtlinien des Herstellers der zu verwendenden Dämmplatten.

Die Auftragnehmerin brachte anstelle des Filzputzes einen Scheibenputz ohne zusätzliche Armierung auf.

Die Auftraggeberin rügte dies und forderte die Auftragnehmerin unter Fristsetzung auf, den vertraglich geschuldeten Filzputz mit einer zusätzlichen Armierung aufzubringen. Die Auftragnehmerin verteidigte sich damit, dass kein Mangel vorläge.

Nach Ablauf der Frist entzog die Auftraggeberin der Unternehmerin den Auftrag und klagte auf einen Vorschuss zur Mangelbeseitigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B.

Das OLG gab der Auftraggeberin recht. Grundsätzlich führt nur der Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik dazu, dass ein Mangel vorliegt. Solche anerkannten Regeln der Technik können sich unter anderem aus DIN- Normen ergeben.

Herstellerrichtlinien seien keine Regelwerke im Sinne der anerkannten Regeln der Technik. Dienen die Herstellerrichtlinien jedoch der Vermeidung bestimmter Risiken, so stellt ein Verstoß gegen die Herstellerrichtlinien einen Mangel dar, wenn sich in der fehlerhaften Ausführung gerade dasjenige Risiko verwirklicht, welches durch die Beachtung der Herstellerrichtlinien vermieden werden sollte.

So verhielt es sich im vorliegenden Fall. Die Verwendung eines Filzputzes und die Aufbringung einer zusätzlichen Armierungsschicht sollte die Stoßfestigkeit und Dauerhaftigkeit des Wärmedämmverbundsystems gewährleisten.

Diese Voraussetzungen seien bei der vorhandenen Ausführung nicht gegeben. Ferner entspreche die Ausführung auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.

Daher seien die Leistungen der Auftragnehmerin mangelhaft. Der Auftraggeberin steht nach der Entscheidung des OLG Frankfurt ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Mangelbeseitigungskosten zu.

Der Praxishinweis

Herstellerrichtlinien müssen nicht blind befolgt werden. Führt die Nichteinhaltung der Herstellerrichtlinien aber zu einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit des Werkes, stellt dieses einen Mangel dar.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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