30 Oktober

Tragung von Prozesskosten bei einem Streit zwischen Wohnungseigentümern

BGH Urteil vom 04.042014, Az. V ZR 168/13

Das Praxisproblem

Grundsätzlich trägt in einem Zivilprozeß die unterliegende Partei im Prozess die Kosten des Rechtsstreits.

Verliert die Eigentümergemeinschaft bei einem gerichtlichen Verfahren gegen einen einzelnen Miteigentümer, so gilt dieser Grundsatz zunächst auch hier. Muß sich aber auch der siegreiche Wohnungseigentümer quasi „durch die Hintertür“ wieder an den Kosten an den Prozesskosten beteiligen, weil die Prozeßkosten in die Jahresabrechnung eingestellt werden? 

Die Entscheidung

Ein Wohnungseigentümer wendete sich mit einer Anfechtungsklage gegen den Ansatz von Prozesskosten in der Jahresabrechnung. Die Wohnungseigentümer hatten den Eigentümer auf Zahlung der Sonderumlage verklagt. Diese wurde abgewiesen und der Gemeinschaft wurden die Prozesskosten auferlegt.

In der darauffolgenden Jahresabrechnung wurden die Kosten des Rechtsstreits auf alle Wohnungseigentümer verteilt. Der zuvor siegreiche Eigentümer vertrat die Auffassung, dass er von dieser Aufteilung ausgenommen werden müsse, da er den Prozess ja gewonnen hätte.

Der Bundesgerichtshof ist dieser Auffassung in dem vorliegend entschiedenen Fall nicht gefolgt. Er vertrat die Auffassung, dass die von der Gemeinschaft zu tragenden Prozesskosten Kosten der Verwaltung der Gemeinschaft im Sinn des § 16 Abs. 2 WEG seien, an denen sich alle Wohnungseigentümer ausnahmslos beteiligen müssten. Dies gelte zumindest für den Fall, dass die Gemeinschaft Beitrags- und Schadenersatzansprüche geltend macht.

Dem stünde auch nicht die Entscheidung des Gerichts im Ausgangsprozess entgegen, denn diese bezöge sich nur auf das Verhältnis der Prozessparteien untereinander. Dass dem obsiegenden Wohnungseigentümer, die der Gemeinschaft auferlegten Prozesskosten anteilig dann doch zur Last fallen, beruhe auf seiner Zugehörigkeit zur klagenden Eigentümergemeinschaft.

Ob dies in allen Fällen gilt, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen.

Anmerkungen:

Ob der obsiegende Eigentümer in allen Fällen die Prozesskosten „durch die Hintertür“ anteilig zu tragen hat, ist in Literatur und Rechtsprechung sehr umstritten.

  • Teilweise wird vertreten, dass der beklagte Wohnungseigentümer sich an den Prozesskosten in keinem Fall zu beteiligen hätte und er auch von etwaigen Vorschusszahlungen frei zu stellen sei.
  • Nach anderer Auffassung müsse er sich zwar in jedem Fall an den von der Gemeinschaft zu bezahlenden Vorschüssen im Gerichtsverfahren beteiligen. Seine tatsächliche Kostentragungspflicht müsse sich dann aber nach der Kostenentscheidung des Gerichts richten.

Beiden Auffassungen ist der Bundesgerichtshof nicht erfolgt, sondern hat sich der oben erwähnten, dritten Meinung angeschlossen.

Die Praxisempfehlung

Das Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft überlagert in vielen Fällen die gewohnten Rechtsstrukturen und kann zu „ungewohnten“ Ergebnissen führen. Lassen Sie sich in Streitfällen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft anwaltlich beraten, um unnötige Kosten und Prozeßrisiken zu vermeiden.

 


Wir stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!


Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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