30 Oktober

WEG Recht: Wiederholung eines zweifelhaften Beschlusses über eine Sonderumlage

BGH Urteil vom 04.04.2014, Az. V ZR 168/13

Kann ein unwirksamer Beschluss einer Eigentümergemeinschaft über die Erhebung einer Sonderumlage für eine Sanierungsmaßnahme im Gemeinschaftseigentum nachträglich durch einen Zweitbeschluss legitimiert werden?

Ist ein solcher Zweitbeschluss überhaupt noch erforderlich?

Das Praxisproblem

Gerade in größeren Eigentümergemeinschaften kann leicht Streit über die Wirksamkeit von Beschlüssen entstehen. problematisch wird dieses dann, wenn durch den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft kostspielige Sanierungsmaßnahmen beschlossen und durchgeführt worden sind und sich dann in einem Beschlussanfechtungsverfahren nachträglich herausstellt, dass der gefasste Beschluss beispielsweise wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam war.

Ein derartiger Sachverhalt lag jetzt dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.

Die Entscheidung

Eine Eigentümergemeinschaft hatte in einer Eigentümerversammlung im Jahr 2007 beschlossen, eine Sonderumlage für eine Brandschutzertüchtigung zu erheben. Im Mai 2008 beschlossen sie die Erhebung einer weiteren Sonderumlage für Sanierungsarbeiten. Alle Eigentümer bis auf einen zahlten ihre Anteile an den Sonderumlagen. Die Maßnahmen wurden durchgeführt.

Die Klage der Gemeinschaft gegenüber dem einen Eigentümer, der nicht gezahlt hatte, blieb erfolglos, nachdem das Landgericht die Sonderumlagen-Beschlüsse wegen mangelnder Bestimmtheit inzident für nichtig ansah. Die tatsächliche Nichtigkeit der Beschlüsse hatte das Gericht im Rahmen des Verfahrens nicht festzustellen.

In Hinblick auf diese Gerichtsentscheidung fasste die Eigentümergemeinschaft im Mai 2010 erneut Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen. Der Eigentümer, der von Anfang an nicht bezahlt hatte, wendet sich hiergegen mit einer Anfechtungsklage.

Ohne Erfolg, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 04.04.2014 (Az. V ZR 168/13) entschieden hat. Die Wohnungseigentümer durften die Erhebung der Sonderumlagen erneut beschließen, nachdem das Landgericht die ursprünglichen Beschlüsse geprüft und als ungültig angesehen hatte.

Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der erste Beschluss über die Jahresabrechnung keinen ausreichenden Rechtsgrund über die Erhebung von Sonderumlagen darstellt und daher eine nachträgliche Berücksichtigung in der Jahresabrechnung nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrundes führen kann. In Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüssen entstanden sind, hat er nur bestätigende Wirkung.

Die Jahresabrechnung dient nicht der Ermittlung des „eigentlichen Beitragsanspruches“, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse und der Ermittlung der sogenannten Abrechnungsspitze.

Nachdem damit die folgende Jahresabrechnung nicht an Stelle des (fehlerhaften) Sonderumlagenbeschlusses tritt, kann dieser durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen, wie dies aufgrund der oben genannten inzidenten Entscheidung des Gerichts der Fall war.

Die Praxisempfehlung

  1. Bestehen begründete Zweifel an der Wirksamkeit von Beschlüssen, so ist die Gemeinschaft nicht daran gehindert, diese durch einen Zweitbeschluss zu ersetzen und damit eine ausreichende rechtliche Grundlage für die Geltendmachung der Ansprüche der Gemeinschaft zu schaffen.
     
  2. Es ist Aufgabe des Verwalters, bereits in der Einladung zur Eigentümerversammlung die vorgesehenen Beschlüsse hinreichend bestimmt und genau zu formulieren. Kommt er dem nicht in ausreichender Form nach, so haftet er möglicherweise selbst und muss dann die Kosten eines Anfechtungsverfahrens tragen.


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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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