Betriebskostenabrechnung: Wann hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an den Betriebskostenvorauszahlungen? Unter welchen Voraussetzungen können die Kosten eines Wärmecontracting im laufenden Mietvertrag neu auf den Mieter umgelegt werden?
23 Mai

Betriebskostenabrechnung: Wann hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht an den Betriebskostenvorauszahlungen? Unter welchen Voraussetzungen können die Kosten eines Wärmecontracting im laufenden Mietvertrag neu auf den Mieter umgelegt werden?

LG Lübeck, Urteil vom 22.12.2016, 14 S 178/15

Wohnraummietrecht – Umlagefähigkeit, Betriebskosten, Betriebskostenabrechnung, Mietvertrag



Das Praxisproblem

In größeren Immobilien kann das sogenannte Wärmecontracting für den Eigentümer attraktiv sein. Bei dem praktisch wichtigsten Model finanziert der Contractor den Austausch der meist veralteten Heizkessel im Gebäude gegen eine moderne Neuanlage mit höherer Effizienz (§ 556c Abs. 1 Nr. 1 BGB). Er übernimmt außerdem den Brennstoffeinkauf und die laufende Wartung (sog. full Contracting) Fraglich ist aber, unter welchen Voraussetzungen die nun für die neue Anlage anfallenden Betriebskosten und die Wärmelieferung auf den Mieter auch umgelegt werden können.

Die Entscheidung

Der Vermieter hatte die Anlage durch einen Contractor im laufenden Mietverhältnis austauschen lassen und legte nun auch die hierfür anfallenden Kosten der Wärmelieferung auf seine Mieter um. Der Mieter wollte diese aber nicht bezahlen, weil sie ihm zu hoch erschienen. Er berief sich darauf, dass Wärmecontractingkosten im Rahmen des vorliegenden Mietvertrages nicht umlagefähig seien. Die berechneten Preise seien zudem zu hoch. Er behielt einen Teil der Miete ein und klagte auf Rückzahlung bereits bezahlter Betriebskostenvorauszahlungen.

Zu Recht, wie das Landgericht Lübeck in seiner Entscheidung vom 22.12.2016 begründet hat. Dabei hatte es zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um einen Altmietvertrag handelte, der vor dem 19.01.1989 abgeschlossen worden war. Erst zu diesem Zeitpunkt sind Wärmelieferungen bei Contracting durch den Gesetzgeber in den Kreis umlagefähiger Betriebskosten einbezogen worden. Zuvor sah Anlage 3 zu § 27 der zweiten Berechnungsverordnung eine Umlegung der Wärmelieferungskosten auf den Mieter nur für den Bereich der Fernwärme vor. Vorliegend handele es sich jedoch um Kosten der Nahversorgung.

Der Vermieter konnte sich auch nicht darauf berufen, dass im Mietvertrag geregelt war, dass neue Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich gerade nicht um neue Betriebskosten, denn die Wärmelieferung war auch bisher auf die Mieter umgelegt worden. Im Ergebnis hätte die Umlage der anfallenden Contracting-Wärmelieferungskosten zwischen den Mietvertragsparteien vereinbart werden müssen.

In seiner Entscheidung wies das Landgericht zugleich darauf hin, dass dem Mieter auch wegen einer inhaltlich unzutreffender Betriebskostenabrechnung ein Zurückbehaltungsrecht an den Betriebskostenvorauszahlungen zusteht und nicht nur für den Fall, in welchem der Vermieter überhaupt nicht abrechnet.

Die Praxisempfehlung

1.    Betriebskosten können auf den Mieter nur dann umgelegt werden, wenn dies zwischen den Mietvertragsparteien (nachträglich) wirksam vereinbart wird oder eine entsprechende gesetzliche Regelung auf das Mietverhältnis anwendbar ist.
2.    Seit dem 01.07.2013 regelt § 556c BGB i.V.m. der WärmeLV, unter welchen Voraussetzungen die Kosten des Wärmecontractings auf den Mieter umgelegt werden können.
3.    Prüfen Sie die Sach- und Rechtslage für die Umlagefähigkeit neuer oder geänderter Betriebskosten bevor sie sich zu Neuinvestitionen entscheiden. Andernfalls kann es zu unliebsamen Überraschungen kommen.

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