GmbH-Recht | Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer: Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers nichtig?
20 Februar

GmbH-Recht | Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer: Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers nichtig?

Kann eine gezahlte Karenzentschädigung bei einer Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes zurückgefordert werden?

OLG Hamm, Urteil vom 08.08.2016, Az. 8 U 23/16

Das Praxisproblem

Dienstverträge von Geschäftsführern sehen regelmäßig nachvertragliche Wettbewerbsklauseln vor. Dem Geschäftsführer wird – gegen Zahlung einer Entschädigung – für eine Karenzzeit nach dem Ende des Dienstvertrages untersagt, in Wettbewerb zu der Gesellschaft zu treten.

Wie einschneidend darf ein Erwerbsverbot ausgestaltet sein? Welche Auswirkungen hat die Unwirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes auf eine gezahlte Karenzentschädigung, kann diese zurückgefordert werden?

 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in seinem Urteil vom 08.08.2016 (Az. 8 U 23/16) mit dem folgenden, verkürzt wiedergegeben Sachverhalt befasst:

Eine GmbH verlangt von ihrem ehemaligen Geschäftsführer die Rückzahlung einer zur Abgeltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gezahlten Karenzentschädigung.

Der Geschäftsführerdienstvertrag sieht vor, dass

  1. es dem Geschäftsführer untersagt ist, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Dienstvertrages, gleich aus welchem Grund in selbstständiger oder unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist,
  2. es ihm untersagt ist, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Dienstvertrages ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten,
  3. er sich verpflichtet, für die Dauer des Wettbewerbsverbotes weder für sich selbst noch für Dritte, Arbeitnehmer der GmbH abzuwerben und an entsprechenden Versuchen Dritter nicht teilzunehmen,
  4. er für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes eine Entschädigung […] erhält.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung wurde der Geschäftsführer abberufen. Er erhielt lediglich einen Teil der sich aus o.g. Nr. 4 ergebenden Karenzentschädigung.

Nachdem der ehemalige Geschäftsführer nach einem Jahr Gesellschafter und Geschäftsführer einer Wettbewerberin der GmbH wurde, forderte die GmbH die gezahlte Karenzentschädigung insgesamt zurück. Dies begründete die GmbH damit, dass das Wettbewerbsverbot insgesamt nichtig ist.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht urteilt.

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigt diese Rechtsauffassung und spricht der GmbH einen Anspruch gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer auf Rückzahlung der gezahlten Karenzentschädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung zu.

Ein Wettbewerbsverbot muss in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das notwendige Maß beschränkt bleiben – so die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

Nach der Auffassung des OLG Hamm geht das hier vorliegende Wettbewerbsverbot deutlich über die berechtigten Interessen der GmbH hinaus:

Soweit einem Geschäftsführer ein Tätigwerden „gleich aus welchem Grund, in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise“ untersagt ist, ist dies zu weitgehend. Ein schutzwürdiges Interesse der GmbH besteht nur insoweit, als der ehemalige Geschäftsführer für ein Wettbewerbsunternehmen in einer Weise tätig wird, die einen Bezug zu seinem bisherigen Tätigkeitsbereich und ihren Kunden aufweist.

Wenn dem Geschäftsführer ein Tätigwerden für ein Unternehmen, welches „mit einem Wettbewerbsunternehmen“ der GmbH verbunden ist, untersagt ist, ist dieses zu weitgehend und damit ebenfalls unangemessen. Es fehlt ein konkreter Bezug zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen der GmbH durch eine illegitime Ausnutzung der Kenntnisse des Geschäftsführers.

Auch das Verbot, ein im Wettbewerb zur GmbH stehendes Unternehmen „zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar zu beteiligen“, sieht das OLG Hamm als zu weitgehend an. Eine rein kapitalistische Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen ohne Möglichkeit und Absicht einer unternehmerischen Einflussnahme ist unschädlich für die GmbH.

Da das Wettbewerbsverbot insgesamt nichtig ist, besteht nach der Auffassung des OLG Hamm grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung der an den Geschäftsführer gezahlten Karenzentschädigung. – Ein nichtiges Wettbewerbsverbot muss nicht mit einer Karenzentschädigung abgegolten werden.

Dem Rückforderungsanspruch der GmbH steht § 814 BGB nicht entgegen. Nach dieser Norm kann dasjenige nicht zurückgefordert werden, was in Kenntnis der fehlenden Verpflichtung zur Zahlung gezahlt wird. Hieran fehlt es vorliegend, da die GmbH das Wettbewerbsverbot im Zeitpunkt der Zahlung der Entschädigung noch für wirksam hielt.

 

Die Praxisempfehlung

Die Rechtsprechung hat hohe Hürden für die Wirksamkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer aufgestellt. Diese müssen in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das notwendige Maß beschränkt bleiben. Die Formulierung und die nachträgliche Überprüfung von Wettbewerbsverboten sollte angesichts der komplexen Anforderungen der Rechtsprechung ausschließlich durch Fachleute erfolgen.

 

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