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19 Januar

Wohnraummietrecht

  1. Können die Gesellschafter einer Eigentümer-GbR Eigenbedarf bei der Kündigung des Wohnraummietvertrages geltend machen?
  2. Muss der Vermieter im Rahmen der Eigenbedarfskündigung eine im gleichen Gebäude vorhandene Wohnung anbieten?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.12.2016 – VIII ZR 232/15

Wohnraummietrecht – Eigenbedarfskündigung, berechtigter Personenkreis, Anbietepflicht

 

Das Praxisproblem

Für die Kündigung eines Wohnraummietvertrages bedarf es eines berechtigenden Grundes. Hierzu gehört unter anderem der Eigenbedarf des Vermieters nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Dabei gilt grundsätzlich, dass nur natürliche Personen Eigenbedarf geltend machen können. Bisher fehlt es an einer einheitlichen Rechtsprechung, ob auch der Eigenbedarf eines Gesellschafters einer Eigentümergemeinschaft in Form einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder seine Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts als Eigenbedarf im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB gilt.

Dabei ist eine Kündigung nach der bisherigen Rechtsprechung immer dann treuwidrig und damit unwirksam, wenn sich im gleichen Gebäude eine vergleichbare frei stehende Wohnung im Eigentum des Vermieters befindet und er diese dem Mieter im Rahmen der Kündigung (so genannte Anbietepflicht) nicht als Ersatz anbietet.

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung im Fall der GbR bestätigt. Zur Frage der Anbietepflicht hat er seine Rechtauffassung entscheidend geändert.

 

Die Entscheidung

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus vier Gesellschaftern kündigt der Mieterin mit der Begründung, die Wohnung würde für die Tochter eines der Gesellschafter benötigt. Das Amtsgericht weist die Klage auf Räumung mit der Begründung ab, eine im gleichen Haus vorhandene geeignete Ersatzwohnung sei nicht angeboten worden. Das Berufungsgericht hat die Räumungsklage ebenfalls abgewiesen, dies aber damit begründet, dass die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts keinen Eigenbedarf im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend machen könne.

Der Bundesgerichtshof gibt der Räumungsklage dagegen statt. Dabei bestätigt er ausdrücklich seine Rechtsprechung, nach welcher auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Eigenbedarf der Gesellschafter geltend machen kann.

Dagegen hält der Bundesgerichtshof an seiner bisherigen gefestigten Rechtsprechung zur Anbietepflicht nicht mehr fest. Im Ergebnis führt das unterlassene Anbieten einer vorhandenen Ersatzwohnung nicht mehr zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Vielmehr handelt es sich dabei lediglich um einen Verstoß gegen die mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB, die allenfalls zu einem Schadenersatzanspruch (etwa Umzugs- und Maklerkosten) führen. Die Kündigung bleibt gleichwohl wirksam.

 

Die Praxisempfehlung

  1. Der Bundesgerichtshof hat seine bisherige Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung der GbR bestätigt, die Anbietepflicht aber aufgegeben. Damit hat er die Möglichkeiten zur Eigenbedarfskündigung entscheidend erweitert.
  2. Gleichwohl gilt der Grundsatz, dass nur eine tatsächlich berechtigte Eigenbedarfskündigung vor Gericht standhalten wird. Vorgeschobene Gründe führen oftmals zu erheblichen Schadenersatzansprüchen seitens des Mieters, wenn sich diese im Nachhinein nicht bestätigen lassen.
  3. Lassen Sie daher rechtzeitig die tatsächlichen Voraussetzungen des Eigenbedarfs in rechtlicher Hinsicht prüfen. Dies vermeidet nachträgliche Kosten und kann zur frühzeitigen Klärung der Erfolgsaussichten beitragen.

 

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