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19 Januar

Wohnungseigentumsrecht für Verwalter

Streit in der Wohnungseigentümergemeinschaft: Einem Eigentümer wird wegen gemeinschaftsschädigenden Verhaltens das Eigentum entzogen.

Muss der Ersteher den früheren Wohnungseigentümer räumen lassen oder darf dieser in „seiner“ Wohnung weiter wohnen?
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.11.2016 – V ZR 221/15

Wohnungseigentumsrecht – Entzug des Wohnungseigentums, Erwerber, Besitzrecht

Das Praxisproblem

Bei einem Entzug von Wohnungseigentum wegen gemeinschaftsschädigenden Verhaltens stellt sich die Frage, ob der Ersteher der Wohnung verpflichtet ist, die Wohnung räumen zu lassen und dem früheren Eigentümer den Besitz zu entziehen. Muss daher der frühere Eigentümer endgültig des Grundstückes verweisen werden oder darf er weiter in der Wohnung verbleiben? Dieses hätte zur Folge, dass die Klage der Eigentümergemeinschaft auf Entzug des Wohnungseigentums in das Leere laufen würde.

Die Entscheidung

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt folgende Fallkonstellation zu Grunde: Die Eigentümer einer Eigentumswohnung störten den Hausfrieden durch ihr Verhalten nachhaltig. Die Eigentümergemeinschaft hat daraufhin erfolgreich den Eigentumsentzug vor Gericht durchsetzen können. Im nachfolgenden Zwangsversteigerungsverfahren erwarben die Beklagten die Wohnung, lassen aber die früheren Eigentümer in der Wohnung weiter wohnen. Hiergegen geht die Eigentümergemeinschaft erneut gerichtlich vor. Diesmal gegen die Erwerber.

Mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof verpflichtet die Erwerber, den früheren Eigentümern den Besitz zu entziehen, nachdem derer Verbleib in der Wohnung einen Verstoß der neuen Eigentümer gegen die Pflichten aus § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 WEG (gegenseitige Pflicht zur Rücksichtnahme) darstellt.

Dabei stellt der Bundesgerichtshof zunächst fest, dass das frühere Entziehungsurteil gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 WEG für die Erwerber auch ohne Eintragung in das Grundbuch bindend ist. Liegt ein Fall des § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG vor, weil der (frühere) Eigentümer seine Pflichten aus § 14 WEG grob verletzt hat, so ist es der Eigentümergemeinschaft nicht mehr zumutbar, dass der frühere Eigentümer im Haus weiter wohnen bleibt.

Der neue Eigentümer verstößt bei einem Unterlassen der Entfernung des früheren Eigentümers nach Auffassung des Bundesgerichtshofs damit selbst gegen die Pflichten auf gegenseitige Rücksichtnahme in der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Praxisempfehlung

  1. Der Bundesgerichtshof hat die Rechte der Eigentümergemeinschaft im Rahmen des Eigentumsentzuges bei einem Fehlverhalten eines Mitgliedes der Eigentümergemeinschaft gestärkt und der Umgehung entsprechender Rechtsbehelfe einen Riegel vorgeschoben.
  2. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Rechtsprechung hohe Hürden für den Entzug des Eigentums gesetzt hat. Für eine erfolgreiche Durchsetzung ist eine Vielzahl von Formalien zu beachten, nachdem der Entzug des Eigentums immer nur letztes Mittel zur Befriedung der Eigentümergemeinschaft sein kann.
  3. Lassen Sie daher rechtzeitig die tatsächlichen Voraussetzungen des Eigentumsentzuges in rechtlicher Hinsicht prüfen. Insbesondere Verwalter sollten sich hier frühzeitig Rechtsrat einholen, damit für den Fall eines schweren Fehlverhaltens eines der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft der Eigentumsentzug auch nachhaltig durchgesetzt werden kann.
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