08 November

Wohl bekomm´s! Ein Bier vor Gericht…

OLG Stuttgart, Urteil vom 03.11.2016, Az. 2 U 37/16

Das Praxisproblem

Es ist eine Herausforderung, ein bekanntes Produkt wie „Bier“ kreativ zu bewerben. Welch enge Grenzen hier bestehen, zeigte bereits die Entscheidung des OLG Hamm vom 20.05.2014 (Az. I-4 U 19-14).

Dort war einer bekannten deutschen Brauerei verboten worden, durch die Gebrüder Klitschko alkoholfreies Bier als „vitalisierend“ zu bewerben.

Durch die sog. „Health-Claims-Verordnung“ der EU aus dem Jahre 2006 (EG VO Nr. 1924/2006) und die nachfolgenden Aktualisierungen und Ergänzungen sind nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei der Werbung und Kennzeichnung von Lebensmitteln nur noch zulässig, wenn sie ausdrücklich in der Verordnung zugelassen sind.

Was aber sind nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben? Darf ein Bier als „bekömmlich“ beworben werden?

 

Die Entscheidung

Dem Oberlandesgericht Stuttgart lag jetzt ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, bei dem eine Brauerei aus dem Allgäu im Jahr 2015 drei ihrer Biersorten mit dem Begriff „bekömmlich“ beworben hatte.

Die Brauerei wurde von einem Wettbewerbsverband auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Wettbewerbsverband argumentierte, die Werbung der beklagten Brauerei würde gegen die Vorschriften der „Health-Claims-Verordnung“ der Europäischen Union verstoßen.

Nach dieser Verordnung dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden (vergleiche Art. 4 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung).

Bei dem Begriff „bekömmlich“ handele es sich um eine derartige gesundheitsbezogene Angabe.

Dem ist die beklagte Brauerei entgegengetreten. Der Begriff „bekömmlich“ müsse im Kontext der Werbung gesehen werden. Es handele sich nicht um eine gesundheitsbezogene Angabe, sondern um eine Darstellung der Genusswürdigkeit und insbesondere der geschmacklichen Aspekte der beworbenen Biersorten.

Die beklagte Brauerei ist mit ihrer Argumentation sowohl vor dem Landgericht, als auch vor dem Oberlandesgericht unterlegen.

Das Oberlandesgericht hat sich in seiner Entscheidung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes berufen (EuGH, Urteil vom 06.09.2012, Aktenzeichen C-544/10 „Deutsches Weintor“). Aus diesem Urteil folge, dass Angaben zu den von der Verordnung erfassten alkoholischen Getränken nicht mehrdeutig sein dürfen.

Das Oberlandesgericht verwies darauf, dass nach den gängigen Wörterbüchern der Begriff „bekömmlich“ mit den Begriffen „zuträglich“, „leicht verdaulich“ oder „gesund“ gleichzusetzen sei. Der Begriff schließe nicht nur ein allgemeines Wohlbehagen ein, sondern sei auch so zu verstehen, dass das beworbene Lebensmittel auch bei längerem Konsum in keiner Weise schade. Dieses sei eine nicht zulässige gesundheitsbezogene Angabe.

Hieran würde auch der bekannte Trinkspruch „Wohl bekomm´s“ nichts ändern, dieser sei als Wunsch zu verstehen, nicht aber als ein Versprechen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

 

Die Praxisempfehlung

Die Bewerbung von Lebensmitteln ist in Deutschland und der Europäischen Union stark reglementiert. Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben dürfen bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln, sowie bei der Werbung für Lebensmittel nur verwendet werden, wenn die Voraussetzungen der „Health-Claims-Verordnung“ eingehalten sind. Lassen Sie sich in Zweifelsfällen beraten.

 

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