02 November

Reicht es im Rahmen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes dem Handelsvertreter zu untersagen, „Kunden abzuwerben“?

BGH, Urteil vom 03.12.2015, Az. VII ZR 100/15

Mit Handelsvertretern kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden. Die Formulierung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist für die Wirksamkeit des Verbotes entscheidend. Reicht es aus, dem Handelsvertreter zu untersagen, „Kunden abzuwerben“?

Das Praxisproblem

In der Praxis sind vielfach Verträge zu finden, bei denen die Vertragspartner aus unterschiedlichsten Gründen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben.

In dem Bestreben Verträge möglichst einfach zu gestalten und vielfach auch ohne anwaltliche Beratung in Anspruch genommen zu haben, werden von den Vertragsparteien allgemeine Formulierungen wie etwa: „Es ist untersagt, Kunden abzuwerben.“ verwendet.

Die vorliegende Entscheidung des Bundesgerichtshofes zeigt, dass derartige Formulierungen problematisch sind.

 

Die Entscheidung

Dem Bundesgerichtshof lag ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, bei dem die Klägerin eine Vertriebsgesellschaft betrieb. Im Rahmen eines „Allfinanz-Angebotes“ vermittelte sie verschiedene Finanzdienstleistungen, insbesondere gewerbliche und private Finanzierungen, eine Vielzahl von Spar- und Anlageprodukten sowie Versicherungsverträge und Bausparverträge.

Der Beklagte war für die Klägerin als Handelsvertreter (Vermögensberater) tätig. Die Parteien hatten einen „Vermögensberater-Vertrag“ abgeschlossen. Die Parteien hatten in diesem Vertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot und ein Verbot des Abwerbens von Vermögensberatern der Klägerin vereinbart. Für jeden Fall des Verstoßes sollte der Beklagte eine Vertragsstrafe zahlen.

Die Klägerin konnte nachweisen, dass zumindest vier ihrer Kunden Verträge gekündigt oder geändert hatten. Sie unterstellte daher, dass der Beklagte entgegen des vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes Kunden abgeworben hat. Sie macht im Rahmen einer Stufenklage zunächst einen Auskunftsanspruch geltend, um sodann Schadensersatzansprüche beziffern zu können.

In dem Vertrag heißt es, unstreitig formuliert als Allgemeine Geschäftsbedingung:

„Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der Gesellschaft Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden abzuwerben oder dies alles auch nur zu versuchen.“

Das Wettbewerbsverbot war mit einer Vertragsstrafe von 25.000,00 € verbunden. Neben der Vertragsstrafe behielt sich die Klägerin die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vor.

Der BGH lässt es in seiner Entscheidung dahinstehen, ob schon das Fehlen der Vereinbarung einer konkreten Karenzentschädigung zur Unwirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes führt. Jedenfalls entspricht die Formulierung des Wettbewerbsverbotes nicht den Anforderungen des Transparenzgebotes.

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den Regelungsgehalt einer Klausel klar und überschaubar darzustellen. Aus dem Transparenzgebot leitet sich auch das Bestimmtheitsgebot ab. Das Bestimmtheitsgebot besagt, dass sich aus den vereinbarten Vertragsklauseln die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen ergeben müssen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann.

Der Verwender muss also die Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass keine Beurteilungsspielräume entstehen. Ob das Bestimmtheits- und das Transparenzgebot beachtet wurden, richtet sich nach den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

Im Ergebnis hält der BGH die dargestellte Vereinbarung für unwirksam.

Das Verbot der Abwerbung von Kunden sei nicht näher konkretisiert. Die bloße Vereinbarung eines nicht näher konkretisierten Kundenschutzes sei deswegen nicht bestimmt genug. Es sei nicht erkennbar, ob mit „Kunden“ sämtliche Kunden gemeint sind, die Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin abgeschlossen hätten, oder nur solche Personen, die derartige Verträge aufgrund einer dem Handelsvertreter zuzurechnenden Vermittlungstätigkeit abgeschlossen hätten.

Es sei auch nicht ersichtlich, ob sich das Abwerbeverbot auch auf Kunden erstrecke, die erst nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages aber binnen eines Zeitraumes von zwei Jahren nach der Beendigung Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin geschlossen hätten.

Zudem sei nicht klar erkennbar, ob sich das Verbot der Abwerbung von Kunden nur auf eine „Ausspannung“ erstrecke, bei der Kunden veranlasst werden, mit Partnerunternehmen der Klägerin bestehende Verträge vorzeitig zu beenden.

Es sei zudem nicht ersichtlich, ob dem Handelsvertreter auch untersagt sei, Personen, die bereits einen Vertrag mit Partnerunternehmen der Klägerin abgeschlossen haben, zusätzlich weitere Produkte zu vermitteln, die in der Produktpalette der Klägerin ebenfalls angeboten würden.

Zum Schluss kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass eine geltungserhaltende Reduktion, also eine Anpassung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes auf das gesetzlich Zulässige nicht in Betracht komme.

Im Ergebnis hatte die Klägerin also keinen Auskunftsanspruch und auch keinen Anspruch auf einen Schadensersatz.

 

Praxisempfehlung

  1. Die Anforderungen an die Formulierung eines wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sind sehr hoch. Es muss detailliert geregelt sein, welches Verhalten untersagt sein soll. Die Verwendung von pauschalen Verboten führt regelmäßig zur Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes.
  2. Berücksichtigen Sie auch, dass Wettbewerbsverbote oftmals nur dann wirksam sind, wenn für dessen Dauer eine Karenzentschädigung gezahlt wird.
  3. Weitergehend darf ein Wettbewerbsverbot in räumlicher, zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht, das notwendige Maß nicht überschreiten.
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