02 November

Wann kann eine Beauftragung des Architekten auch ohne schriftlichen Architektenvertrag angenommen werden und rechtfertigt Vergütungsansprüche?

OLG München, 11.09.2014 - 9 U 1314/14; BGH, 29.06.2016 - VII ZR 240/14 (NZB zurückgewiesen)

Baurecht – Architektenvertrag, konkludenter Vertragsschluss, Vergütungsanspruch

Das Praxisproblem

Oftmals wenden die Auftraggeber von Architekten ein, er Architekt habe nur eine nicht zu vergütende sogenannte Akquiseleistung erbracht. Vorgetragen wird weiter, man habe sich darauf geeinigt, erst dann, wenn nach einer ersten Planung des Architekten feststeht, dass gebaut wird, einen schriftlichen Architektenvertrag zu schließen.

Dass Architektenverträge erst geschlossen werden, wenn bereits erste Planungsleistungen erbracht worden sind, ist nicht selten der Fall. Stellt der Architekt seine Schlussrechnung auch über diese vorher erbrachte Leistung, kommt es schnell zu einem Rechtsstreit.

 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht München hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem es bis zu dem Zeitpunkt, in welchem sich die Parteien im Streit getrennt haben, zu keinem schriftlichen Vertragsschluss gekommen war. Der Architekt sollte Planungsleistungen für die Errichtung eines Kindergartens erbringen.

Der Bauherr hat im Verfahren über die Honorarklage des Architekten vorgetragen, der Vertragsschluss habe unter der Bedingung gestanden, dass erst nach Einreichung der Baugenehmigung und der Zusage von Fördermitteln auf dieser Grundlage ein Architektenvertrag geschlossen werden sollte.

Die gesamte Vorleistung bis einschließlich der Genehmigungsplanung sei als unentgeltliche Akquiseleistung des Architekten zu sehen.

Dies hat das Oberlandesgericht München als völlig lebensfremd angesehen. Sowohl der Umfang der Planungsleistungen (Leistungsphasen I - IV) als auch das Risiko, das der Kläger durch ihre Erbringung gegenüber dem Beklagten einging, sprächen gegen kostenlose Vorleistungen. Wäre die Planung nämlich nicht tragfähig gewesen, hätten sich hieraus u.U. für den Beklagten erhebliche negative Folgen, nämlich die Ablehnung der Anträge, ergeben. Es sei schon für sich genommen lebensfremd, dass ein Architekt so umfangreiche Leistungen der Leistungsphasen 1 - IV kostenlos erbringen möchte.

Umgekehrt stand vielmehr der konkludente Vertrag unter der auflösenden Bedingung der Ablehnung des beantragten Investitionskostenzuschusses.

 

Die Praxisempfehlung

  1. Wichtig ist es vor Leistungserbringung die vertraglichen Grundlagen schriftlich zu vereinbaren. Das Oberlandesgericht hat aber auch für den Fall, dass kein schriftlicher Architektenvertrag geschlossen wurde, zu Recht aufgezeigt, dass ohne Vergütung keine Leistung erwartet werden kann.
  2. Wie die Vergütung zu berechnen ist, wenn kein schriftlicher Vertrag vorliegt, ist eine andere Frage. In jedem Fall gelten ohne gesonderte schriftliche Vereinbarung bei Vertragsschluss die sogenannten Mindestsätze der HOAI nach denen dann die Vergütung des Architekten zu berechnen ist.

Wie dies dann erfolgt und wie die Honorarforderung des Architekten schlüssig und prüffähig geltend gemacht werden kann bedarf genauer Kenntnisse des Honorarrechts für Architekten.

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