02 November

Kann eine mangelhafte Organisation der Baustelle durch den Bauunternehmer Ansprüche des Auftraggebers wegen arglistiger Täuschung rechtfertigen?

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.11.2013 – 23 U 27/13; BGH 15.06.2016 – VII ZR 331/13 (NZB zurückgewiesen)

Baurecht – Verjährung, Organisationspflichten des Werkunternehmers und arglistige Täuschung

Das Praxisproblem

Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen und die Anforderungen des Bauunternehmers an die Organisation der Baustelle zur Vermeidung von Mängeln sind immer wieder ein Thema, welches die Gerichte beschäftigt. Das BGB schreibt für Mängel an Bauwerken eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren vor. Diese beginnt im Zeitpunkt der Abnahme.

Zugleich gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einer arglistigen Täuschung des Bauunternehmers über das Vorhandensein von Mängeln die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren, gerechnet ab Kenntnis des Auftraggebers über den Mangel, längstens von 10 Jahren ab Entstehung des Mangels anzuwenden ist.

Erbringt der Bauunternehmer seine Leistung beispielsweise bei der Errichtung eines Wohnhauses arbeitsteilig, das heißt durch Subunternehmer, wird ein Unternehmer so behandelt, als sei er arglistig, wenn er seine Organisationspflichten bei der Herstellung und Abnahme des Bauwerks verletzt hat und infolge dieser Verletzung ein Mangel nicht erkannt worden ist.

Welche Fristen für die Verjährung gelten, ob der Bauunternehmer tatsächlich seine Organisationspflichten verletzt hat und wer eine solche Pflichtverletzung nachweisen muss, hat zuletzt nochmals den Bundesgerichtshof und zuvor das Oberlandesgericht Düsseldorf beschäftigt.

 

Die Entscheidung

Die Kläger ließen durch einen Bauunternehmer für sich ein Einfamilienhaus errichten. Nach einiger Zeit kam es im Gebäude unter anderem zu Schäden durch eindringende Feuchtigkeit aufgrund undichter Kellerwände. Nach verschiedenen Versuchen der Mängelbeseitigung und erneut auftretenden Mängeln, sowie der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nahmen die Bauherren den Unternehmern schließlich auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 24.633,00 EUR zur Mängelbeseitigung der insgesamt erkannten Mängel in Anspruch.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat den Klägern – bestätigt durch den Bundesgerichtshof - aber nur einen geringen Teil des geltend gemachten Anspruches zugesprochen. Letztendlich konnten diese nicht darlegen und beweisen, dass der Unternehmer seine Organisationspflichten verletzt habe.

Im Prozess hatten sich die Kläger darauf berufen, schon die Tatsache, dass ein schwerer Mangel wie eine Undichtigkeit des Kellers, ließe auf eine mangelhafte Organisation der Baustelle schließen. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf verneint.

Entgegen einer früher verbreiteten Auffassung begründe allein die Schwere eines Mangels für sich genommen nicht den Anschein einer Verletzung der Organisationsobliegenheit. Denn auch Fehleinschätzungen von technischen Notwendigkeiten führen oft zu schwersten Mängeln, ohne dass damit eine Organisationspflichtverletzung verbunden sei. Gleichwohl könne aber nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Häufigkeit von Baumängeln, ein Anschein für eine Organisationspflichtverletzung sprechen, der vom Unternehmer widerlegt werden muss.

Hinzu kommt, dass der Bauherr auch darlegen muss, dass der Mangel bei richtiger Organisation der Baustelle hätte vermieden werden können.

In einem anderen Teil der Entscheidung hatte sich das Oberlandesgericht auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob und in welchem Umfang die Verjährung für Mängel neu zu laufen beginnt, wenn bereits versucht worden ist, den Mangel zu beseitigen und dieser später erneut auftritt.

 

Praxisempfehlung

  1. Das Oberlandesgericht hat entgegen früher vertretenen Auffassungen die Hürden für die Darlegung und den Beweis eines Organisationsverschuldens des Bauunternehmers nach oben gesetzt. Zugleich hat es deutlich gemacht, dass ein Neubeginn der Verjährung nach erfolgtem Versuch zu Mängelbeseitigung nur dann eingewendet werden kann, wenn auszuschließen ist, dass sich diese Nachbesserungsarbeiten nicht auf eine andere Mangelursache bezogen haben.
  2. Grundsätzlich gilt für den Bauherrn, Mängelansprüche rechtzeitig, umfassend und mit allen Maßnahmen geltend zu machen, die das Gesetz bestimmt. Wichtig ist insbesondere die rechtzeitige Aufforderung zur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung.
  3. Richtig ist aber auch, dass der Bauunternehmer dafür verantwortlich ist, seine Baustelle ordnungsgemäß zu organisieren. Setzt er hierfür entsprechendes Personal ein, welches hierüber bestenfalls auch noch eine Dokumentation erstellt, so kann er dem Arglistvorwurf in vielen Fällen von vornherein wirksam entgegen treten.
  4. Vorzunehmen ist aber immer eine Einzelfallbetrachtung. Hierauf hat auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hingewiesen.

 

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